Sulzemoos:Voller Tatendrang

Lesezeit: 3 min

Das Gemeindewappen im Rücken, die Ziele und Zukunftspläne fest im Blick: Der neue Bürgermeister von Sulzemoos, Johannes Kneidl, will seinen Heimatort in eine soziale Familiengemeinde verwandeln. (Foto: Toni Heigl)

Johannes Kneidl ist seit Mai Bürgermeister von Sulzemoos. Auch wenn die Corona-Krise manches verändert hat und er das ein oder andere bisher nicht anstoßen konnte, so will sich der Rathauschef auf keinen Fall durch die Pandemie bremsen lassen

Von Emily Strunk

SulzemoosSehen und gesehen werden, ist das Motto des neuen Bürgermeisters der Gemeinde Sulzemoos, Johannes Kneidl. Seit mehr als 100 Tagen - solange ist er nun im Amt - sind die Vorhänge im Fenstereck seines Büros offen. Bei seinem Vorgänger Gerhard Hainzinger waren sie zu. "Transparenz in der Gemeinde ist mir wichtig, auch bei der alltäglichen Arbeit", sagt Kneidl. Die Bürger können ihm also zuschauen, wenn er am Schreibtisch sitzt. Was viele dabei häufig vergessen: "Ich kann sie auch sehen", sagt er und lacht.

Der Neue auf dem Chefsessel des Rathauses ist kein unerfahrener Politneuling, ganz im Gegenteil. Kneidl ist in Sulzemoos aufgewachsen und engagiert sich seit 18 Jahren im Gemeinderat. Die vergangenen sechs Jahre war er schon Vizebürgermeister. Man kann sagen, Kneidl hat eine starke Bindung zum Ort. Die große Kehrtwende wird er nicht machen. Er steht begeistert hinter den laufenden Projekten, aber er hat auch zahlreiche Ziele und noch mehr Pläne für die Zukunft.

Seine Liste ist lang - sehr lang sogar. Im Fokus steht bei ihm, Sulzemoos zu einer sozialen Familiengemeinde zu machen. Deshalb will er mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, die Digitalisierung verbessern, Mobilität fördern. Natur und Nachhaltig ist ihm aber auch wichtig, ebenso wie eine starke Finanzpolitik. Mit viel Engagement und ordentlich Rückenwind aus der Gemeinde hofft er, all das erreichen zu können.

Von der Corona-Krise und den daraus resultierenden Problemen will er sich jedenfalls nicht bremsen lassen. Auch wenn die Finanzen nun knapp geworden sind, will Kneidl "keinen Investitionsstopp" in Sulzemoos. "Wir ziehen im Herbst beim nächsten Steuertermin Bilanz, dann werden wir sehen", sagt er. So rechnet der Bürgermeister zwar mit einem Einbruch der Gewerbe- und Einkommenssteuern, doch die staatlichen Corona-Hilfen als Gewerbesteuerausgleich kämen der A8-Gemeinde aufgrund des breit gefächerten Portfolios an Gewerbetreibenden "zu Gute". Da ist sich der Bürgermeister sicher. Deshalb rechne er auch nicht mit einem massiven Einbruch, wenn auch einem spürbaren.

Spürbar war dieser wohl zuerst für Johannes Kneidl selbst. Der wollte nämlich zu Beginn seiner Amtszeit direkt zwei Projekte realisieren, die Geld gekostet hätten. Doch jetzt müssen sie erst mal auf die lange Bank geschoben werden. Was Kneidl genau vorhatte, wird sich wohl erst im kommenden Jahr offenbaren. Noch schweigt der Sulzemooser beharrlich. Auf Rückfrage scherzt er nur: "Das erfahren Sie dann vielleicht im 300-Tage Interview."

Strotzend vor Selbstbewusstsein und Zuversicht sitzt Kneidl am Konferenztisch. Seine Devise: Man muss die "Gelegenheit beim Schopfe packen". So arbeitet er seine Ziele nicht strickt nach Zeitplan ab, sondern entscheidet je nach Situation, was sich gerade anbietet. Das Projekt "Regionaler Markt" ist ein gutes Beispiel dafür. Die Corona-Zeit war ein willkommener Anlass, den Fokus nach innen zu richten: "Wir wollten die Regionalität in dieser schwierigen Zeit gezielt unterstützen", so Kneidl. Es entstand eine Liste von Firmen und Menschen aus dem Ort, die hier Lebensmittel produzieren und verkaufen. Das Ergebnis: Ein Markt, der ab September einmal monatlich stattfinden soll. "Das ist jetzt ein Projekt, was durch Corona ums Eck kam, das hätte ich dieses Jahr eigentlich nicht mehr angestoßen".

Neben der Fertigstellung von großen Bau- und Kanalbauprojekten sowie diversen Verbesserungen der Verkehrspolitik, konnten laut Kneidl in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit bereits diverse kleinere Projekte auf den Weg gebracht werden. Dazu zählt zum Beispiel die "Digitalisierung der Gemeindekommunikation". Das sogenannte digitale Rathaus soll mit der Zeit stetig ausgebaut werden, so dass eine allgemeingültige Internetseite der Gemeinde Sulzemoos entsteht, welche sowohl als Informationsplattform als auch als Buchungssystem für Termine im Rathaus fungieren soll. "Ebenfalls ein Learning aus den Corona-Monaten", sagt Kneidl.

Doch was ist Kneidls Herzensprojekt? Die Antwort fällt ihm sichtlich schwer. Zuerst nennt er die Arbeit mit der Jugend, welcher bald ein Gemeindehaus in Wiedenzhausen als neues Jugendhaus überlassen werden soll. "Das ist gerade mein Prio-eins-Projekt. Das macht mir gerade am meisten Spaß", schwärmt der Bürgermeister. Aber aus dem Schwärmen kommt er während des Gesprächs auch nicht wirklich heraus. Es gibt so viele Projekte in Sulzemoos - alle sehr wichtig für die Gemeinde, alle sehr wichtig für Kneidl. "Ich würde gerne mehr auf einen Schlag machen, das geht aber Ressourcen mäßig nicht", klagt er.

© SZ vom 26.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: