Reden wir über:Wildnis für Kinder

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Spielplatzexperte Schmidt-Ruiu setzt auf naturnahe Anlagen. (Foto: oh)

Spielplatzexperte Schmidt-Ruiu setzt auf naturnahe Anlagen

Interview von Manuel Kronenberg

Sein Berufsalltag dreht sich um Natur, Holzhäcksel und Kinder: Der 44-jährige Robert Schmidt-Ruiu (Foto: oh) ist Sozialpädagoge und Schreinergeselle und arbeitet als Fachplaner für Spielplätze. Dabei hat er sich darauf spezialisiert, naturnahe Spielräume zu entwerfen. Bei der Konzeption und beim Bau der Anlagen setzt Schmidt-Ruiu auf Beteiligungsprojekte mit Kindern. Im Gespräch mit der SZ Dachau erklärt er, was einen guten Spielplatz ausmacht und warum man keine Spielschiffe oder Spielburgen bauen sollte.

SZ: Herr Schmidt-Ruiu, in Dachau verschwinden Naturräume wegen der dichten Wohnbebauung. Die sind eigentlich wichtig für Kinder. Können Spielplätze Naturräume ersetzen?

Robert Schmidt-Ruiu: Nur teilweise. Ein Naturraum ist der optimale Spielplatz für Kinder. Also ein verwilderter Wald, ein Bachlauf, ein See, Täler oder Wiesen. Sie fördern das kreative Spielen miteinander. Das kann ein Spielplatz nur in begrenztem Maße.

Warum ist das so?

Einen Spielplatz denken sich Erwachsene aus. Die überlegen sich drei, vier Geräte, stellen sie auf eine grüne Wiese und das war's. Das bietet nur begrenzten Spielanreiz. Immer wieder die Rutsche runterrutschen und wieder raufgehen bringt es nicht. Im Wald überlegen sich Kinder ihre ganz eigenen Spiele. Sie verstecken sich, entdecken Hölzer, mit denen sie dann versuchen einen Unterstand zu bauen. Dabei lernen sie das soziale Miteinander viel besser.

Die Spielplätze, für die Sie das Konzept entwerfen, wollen Sie also möglichst naturnah gestalten?

Richtig. Ich versuche, die Naturräume im Kleinen nachzubauen, um ein bisschen Wildnis in den Spielplatz zu bringen. Das ist nicht so einfach. Ich baue zum Beispiel gerne Wasserspielbereiche in den Spielplatz ein.

Worauf muss man bei der Konzeption noch achten?

Ich verwende zum Beispiel viel loses Material. Also Sand, Steine, Holzhäcksel, aber auch Laub und Äste. Das ist für die Kinder wie Lego: Damit kann man immer etwas Neues bauen.

Pflanzen sind wahrscheinlich auch sehr wichtig.

Die Bepflanzung spielt natürlich eine große Rolle. Es braucht viel Gehölz, Bäume, Stauden und so weiter. Das dient auch dazu, das Ganze möglichst naturnah zu machen. Durch die Bepflanzung sollen aber auch kleine Spielbereiche innerhalb eines Spielplatzes geschaffen werden. Die sind dann etwas abgeschirmt vom Rest des Platzes. Da fühlen sich die Kinder wohler und geschützter. So entsteht ein viel ruhigeres Spielen. Sonst werden die Kinder ständig abgelenkt, rennen hin und her. Ich habe auch schon Rückmeldungen von Erzieherinnen für Spielplätze an Kindergärten bekommen, die ich umgestaltet habe. Die meinten auch: Seit es die Abtrennung durch die Bepflanzung gibt, ist alles viel entspannter. Es passieren zum Beispiel weniger Unfälle.

Was ist mit den Spielgeräten?

Ich bin dazu übergegangen, neutrale Geräte zu verwenden. Also keine Schiffe oder Burgen oder so etwas, sondern ein neutrales Bauwerk, bei dem die Kinder dann selbst interpretieren können, ob es ein Schiff oder eine Burg oder etwas anderes ist. Je nachdem, was sie eben spielen wollen. Das spricht dann auch Mädchen und Jungen und Kinder unterschiedlichen Alters gleichermaßen an.

Muss man Spielplätze altersgerecht bauen? Oder stören sich Zehnjährige daran, wenn auch Dreijährige umherlaufen? Dann wäre es ja besser, nur Kinder einer Altersklasse anzusprechen.

Man muss schon ein bisschen nach Alter trennen. Aber das macht man dann mit den unterschiedlichen Spielbereichen innerhalb des Platzes. Es sei denn, dass es eine sehr kleinräumige Anlage ist. Dann sollte sie möglichst viele Kinder unterschiedlichen Alters ansprechen.

Welche Spielplätze im Landkreis Dachau finden Sie denn besonders gelungen?

Da kann ich nur meine eigenen nennen (lacht). Aber nicht aus Eigenwerbung, sondern weil ich auf anderen Spielplätzen selten unterwegs bin. Insgesamt glaube ich aber, dass sich die Stadt Dachau schon sehr viel Mühe gibt.

© SZ vom 08.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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