Reden wir über:Unbürokratische Unterstützung

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Detlev Ebert ist pensionierter Sozialverwaltungsangestellter und passionierter Berater in Lebenskrisen. (Foto: oh)

Warum sich Rentner Detlev Ebert in der Rechtsberatung engagiert

interview Von Franziska Hofmann

Streit mit den Nachbarn, Sorgerechtsfragen oder Arbeitsverhältnisse - viele Bürger wissen nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht und bräuchten dringend einen Anwalt. Einige können sich das aber nicht leisten. Für bedürftige Bürger mit Rechtssorgen gibt es am Amtsgericht Dachau eine Beratungsstelle. Diese leitet Detlev Ebert (Foto: oh). Er ist pensionierter Sozialverwaltungsangestellter und passionierter Berater in Lebenskrisen. Seit März 2013 hilft er bedürftigen Dachauern bei Rechtsfragen. Im Gespräch mit der SZ erklärt er, wer ein Recht auf seine Beratung hat.

SZ: Herr Ebert, mit 69 Jahren sind sie eigentlich schon in Rente, warum machen Sie die Rechtsberatung für Bedürftige?

Detlev Ebert: Vor etwa drei Jahren haben der Münchner Anwaltverein und das Amtsgericht Dachau ein Projekt aufgelegt und mich gefragt, ob ich das in die Hand nehmen will. Ich habe ja gesagt. Mit dem Wissen meiner früheren Arbeitsstelle ist das nicht schlecht. Ich mache das ehrenamtlich, bekomme nur zehn Euro Aufwandsentschädigung pro Stunde.

Wie kann man sich eine Rechtsberatung bei Ihnen vorstellen?

Ich sitze in einer Art Verwaltungsvorzimmer, dort prüfe ich die Unterlagen und führe Gespräche mit den Bedürftigen. Oft kann ich ihnen helfen, da ich von meiner Arbeit in der Sozialverwaltung wichtige Strukturen kenne. Wenn ich nicht helfen kann, geht es in den nächsten Raum zum Rechtsanwalt. Dort gebe ich einen Kurzüberblick zur Situation, damit der Bedürftige nicht noch einmal alles erzählen muss.

Gibt es bestimmte Gebiete, zu denen die Bürger besonders oft Fragen haben?

Sie kommen eigentlich mit allen Rechtsfragen, bei denen sie nicht gleich einen Rechtsanwalt kontaktieren würden. Die Fragen gehen quer durch die Rechtsgebiete: Mietrecht, Arbeitsrecht, Zivilrecht, da ist alles dabei. Manche haben Schwierigkeiten mit Behörden, Nachbarschaftsstreitigkeiten oder es sind Väter mit Unterhaltsfragen. Nur Strafgeschichten kommen ganz, ganz selten vor, nur ein bis zwei Mal im Jahr.

Seit Sie den Job machen, haben Sie einiges erlebt. Welche Geschichte bleibt Ihnen besonders im Kopf hängen?

Manchmal sind schon unsinnige Sachen dabei: Ein Hartz-IV-Empfänger sollte wegen einer alten Geschichte von ein paar hundert Euro vor Gericht in Stralsund erscheinen. Ich habe dann versucht, ob das auch ein Dachauer Richter erledigen kann, die Reise kostet ja ziemlich viel, womöglich müsste er dann auch noch die Gerichtskosten tragen. Aber ich glaube, wir konnten es gar nicht vermeiden, dass er nach Stralsund musste. Das ist schon ein Witz.

Ihre Rechtsberatung ist explizit für Bedürftige ausgeschrieben. Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um die Beratung zu bekommen?

Wir brauchen einen Nachweis über das Grundeinkommen, die Lebensunterhaltszahlungen und eventuell den Rentenbescheid. Da wir nicht direkt einer Institution verpflichtet sind, dürfen wir aber auch mal unbürokratisch sein. Sprich, wenn einer hundert Euro zu viel hat, wäre es ein Schmarrn ihn wieder wegzuschicken.

Gibt es ein bestimmtes Klientel an Menschen, die Ihr Angebot wahrnehmen?

Das ist ganz unterschiedlich: Aus dem ganzen Landkreis kommen Hartz-IV-Empfänger, Rentner, Landwirte, aber auch Flüchtlinge hierher. So lerne ich Dachau und seine Umgebung langsam kennen. Flüchtlinge haben oft ein Problem mit Handyknebelverträgen, da ist es schwierig herauszukommen. Teilweise fragen wir dann die Caritas, die Wohlfahrt oder die Diakonie nach Stiftungsmitteln.

Monatlich kommen etwa zehn bis 15 Hilfe suchende Menschen zu ihnen. Wie erfolgreich sind Sie mit Ihrer Beratung?

Da hängt meistens viel dran, weil viele nicht gelernt haben, rechtzeitig zu reagieren. Wenn es Fristen gibt, ist es schwierig, aber machbar. Kämen die Bürger rechtzeitig, ließe sich viel Ärger vermeiden. Manchmal ist auch die Erwartungshaltung zu hoch, dann wird viel Frust und Ärger abgeladen. Schön ist, dass danach ab und zu welche kommen, sich bei mir bedanken und sehr deutlich positive Rückmeldung geben. Das ist wohltuend für beide Seiten.

Die Rechtsberatung für Bürger mit geringem Einkommen findet jeden Dienstag von 9 bis 12 Uhr im Amtsgericht Dachau, Schlossgasse 1, Zimmer 7,gegen einen kleinen Unkostenbeitrag von sechs Euro statt. Die Anmeldung erfolgt vor Ort bis 11 Uhr.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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