Reden wir über:Schulden und wie man sie vermeidet

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Lena Wirthmüller berät Menschen bei finanziellen Schwierigkeiten

Interview von Magdalena Hinterbrandner

"Weg mit den Schulden" - unter diesem Motto läuft eine bundesweite Aktionswoche. Die Schuldnerberatungen möchten damit zeigen, was ihre Aufgaben sind und auf Gefahren beim Thema Geld hinweisen. Oft häufen Menschen Schulden an, ohne dass ihnen das wirklich bewusst ist. Lena Wirthmüller () leitet die Schuldnerberatung der Caritas im Landkreis Dachau. Im Interview erzählt sie, welche Projekte es gibt, wie die Schuldnerberatung bei finanziellen Schwierigkeiten helfen kann und wie selbst Teenager in die Schuldenfalle geraten können.

SZ: Was ist denn die Grundaufgabe der Schuldnerberatung?

Lena Wirthmüller: Wir haben vor allem eine Vermittlerposition. Wir versuchen, Klienten zu helfen, Schulden wieder loszuwerden und ein drohendes Insolvenzverfahren zu vermeiden. Wir informieren auch über den Schutz des Existenzminimums, sodass niemand Angst haben muss, kein Geld mehr für Grundbedürfnisse zu haben wie zum Beispiel Essen.

SZ: In welchem Alter sind die Ratsuchenden im Durchschnitt?

Das geht quer durch alle Altersklassen. Der jüngste Klient war noch nicht mal volljährig. Der älteste Klient dagegen schon 98 Jahre alt. Das ist sehr gemischt, es gibt in ein paar Altersgruppen natürlich Ballungen aus verschiedenen Gründen.

SZ: Wie ist denn ein noch nicht mal volljähriger Klient in die Schuldenfalle geraten?

Junge Leute bekommen manchmal schon Mahnungen, weil zum Beispiel die Eltern Sozialhilfe bezogen und dann einen Monat zu viel bekommen haben, weil sie schon wieder gearbeitet haben. Das, was die Familie dann zurückzahlen muss, wird auf jeden Familienkopf aufgeteilt, also auch auf die Kinder. Manchmal unterschreiben Kinder irgendwelche Verträge, obwohl sie noch nicht 18 sind. Sie schummeln im Internet mit ihrem Alter oder werden beim Schwarzfahren erwischt.

SZ: Und der 98- jährige Klient?

Bei älteren Menschen ist es oft so, dass mit der Rente ein Erwerbseinbruch kommt, dann klappt das alles nicht mehr. Es kommen immer mehr Gesundheitskosten dazu: Zahnersatz oder ein neuer Rollator. Es kommt einfach einiges zusammen.

SZ: Wie sieht dann so eine Beratung bei Ihnen aus?

Wir machen erst einmal mit jedem Klienten einen Haushaltsplan, viele haben das vorher noch nie gemacht. Da schauen wir dann Kontoauszüge an. Da kommt bei vielen das Aha-Erlebnis. Ein Haushaltsbuch zu führen, ist ein wichtiger Schritt. Wir versuchen rauszufinden, was es für Schulden gibt, wie hoch die Schulden sind, bei wem und wie man die zahlen kann, also mit welcher Rate und was es für Lösungen gibt. Um aber Schulden schon vorher zu vermeiden, haben wir auch Präventionsmaßnahmen.

SZ: Wie sehen solche Präventionsmaßnahmen genau aus?

Wie haben zwei große Projekte. Bei einem besuchen wir zusammen mit der Sparkasse neunte und elfte Klassen und reden mit den Jugendlichen darüber, warum man Schulden macht, was eine Wohnung kostet oder der Führerschein und so weiter. Und natürlich auch, was eine Unterschrift unter einem Vertrag bedeuten kann. Wir erklären, was genau ein Dispo ist oder ein Girokonto. Bei dem zweiten Projekt bieten wir Elternabende für Eltern mit Kindern im Kindergartenalter an. Da geht das Konsumieren nämlich schon los: Jedes Kind muss Markenklamotten tragen, bei Kindergeburtstagen gibt es teilweise Gastgeschenke für 20 Euro. Schon da wird das spätere Konsumverhalten geprägt. Wir beraten die Eltern auch zu Themen wie Taschengeld.

SZ: Kommt es dann auch mal vor, dass die Klienten, wenn alles vorbei ist, noch einmal vorbeikommen?

Ja, ziemlich oft sogar. Alle paar Wochen steht jemand vor der Tür und möchte sich noch einmal bedanken. Das ist natürlich immer sehr schön.

SZ: Was genau passiert jetzt in der Aktionswoche?

Alle Schuldnerberatungen in Deutschland wollen in dieser Woche darauf aufmerksam machen, was unsere Arbeit ist. Wir möchten vor allem auch zeigen, dass man Menschen, die Schulden haben, nicht verurteilen darf.

© SZ vom 08.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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