Reden wir über:Leerstand in Dachau

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Christine Goßner betreibt seit 25 Jahren eine eigene Hausverwaltung. (Foto: oh)

Hausverwalterin Christine Goßner warnt Vermieter vor Nachteilen

Interview von Johannes Korsche

Christine Goßner, 54, ist Vorsitzende des Vereins Haus und Grund Stadt und Landkreis Dachau. Sie unterstützt Wohnungs- und Grundbesitzer bei der Verwaltung der Immobilien und berät in Rechts- und Versicherungsfragen. Die Immobilienverwalterin betreibt seit 25 Jahren eine eigene Hausverwaltung in Dachau. Goßner sieht die laut Mikrozensus 1800 leer stehenden Wohnungen im Landkreis - alleine in Dachau sind es 800 - mit Unverständnis. Die SZ sprach mit ihr über mögliche Gründe für leer stehenden Wohnraum und die Entwicklung des Dachauer Wohnungsmarkt.

SZ: Frau Goßner, würden Sie Ihre Eigentumswohnung vermieten?

Christine Goßner: Ja, sofort. Leerstand kann ich nicht nachvollziehen. Der einzige, verständliche Fall ist, wenn man als Vermieter zum Beispiel schlechte Erfahrungen mit Mietnomaden gemacht hat. Aber selbst dann sucht doch bestimmt ein Bekannter eine Wohnung, an den man die Wohnung guten Gewissens vermieten kann.

Was bedeutet "Leerstand" überhaupt?

Das heißt, dass eine Wohnung, die bewohnbar wäre, trotzdem nicht vermietet wird. Renovierungen und ähnliches zählen nicht dazu.

Welche Gründe kann es geben, dass eine bewohnbare Wohnung nicht vermietet wird?

Wer plant, seine Wohnung in den nächsten Jahren zu verkaufen, lässt das Objekt bis dahin oft leerstehen. Da wird dann eine Wohnung für ein, zwei, drei Jahre nicht genutzt, auch weil dem Mieter nicht wegen Verkauf gekündigt werden darf. Es kommt auch vor, dass der Eigentümer zum Beispiel auf Familienmitglieder wartet, die in die Wohnung einziehen sollen. Oder die Wohnung ist der Zweitwohnsitz und daher die meiste Zeit nicht bewohnt. Ein weiterer Grund könnte sein, dass der gewünschte Mietpreis nicht erzielt werden kann.

Und dann vermietet man die Wohnung lieber gar nicht?

Ja, das kommt vor. Ich habe vor eineinhalb Jahren eine Wohnung in Vermietung betreut. Die Eigentümerin hatte einen in meinen Augen zu hohen Preis für die Wohnung gefordert. Das habe ich ihr auch gesagt, das wollte sie aber gar nicht hören. Inzwischen vertrete ich die Kundin nicht mehr, das Haus steht immer noch leer. Das ist natürlich sehr schade!

Gibt es keine Nachteile für den Eigentümer, wenn eine Wohnung für längere Zeit leer steht?

Doch, sehr große sogar. Heizungsrohre können platzen, wenn sie nicht benutzt werden. Wenn Trinkwasserrohre nicht durchgespült werden, können sich Legionellen ausbreiten. Ganz grundsätzlich wird die Bausubstanz einfach nicht besser, im Gegenteil.

Während viele Wohnungen in Dachau leer stehen, warten in etwa 400 Bürger auf eine Sozialwohnung. Heißt das, es gibt genug Wohnraum, aber der ist einfach zu teuer?

Ja und nein. Einerseits gibt es viel zu wenige Wohnungen für Sozialschwache. Der soziale Wohnungsbau muss dringend wieder aufleben, da ist die Politik natürlich gefordert. Andererseits finden Mieter, die eine Wohnung auch normal bezahlen könnten, inzwischen auch nichts mehr. Erst heute habe ich von einem Paar eine E-Mail bekommen, die ein Kind erwarten und deswegen eine größere Wohnung suchen. Er arbeitet bei der Universität in München, sie können sich also schon etwas leisten. Aber ich kann ihnen nichts anbieten.

Wie wird sich der Wohnungsmarkt im Landkreis entwickeln?

Ich vermute, die Situation wird sich noch verschärfen. Auf der einen Seite benötigen die anerkannten Asylbewerber im Landkreis eine Wohnung, andererseits ziehen immer mehr Menschen hierher, weil sie hier eine Arbeit gefunden haben. Grundsätzlich braucht es unbedingt neue Wohnungen im Landkreis und in der Stadt, in jedem Preissegment.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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