Reden wir über:Klimawandel und Landwirtschaft

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Leonhard Mösl erläutert, warum er Bio-Anbau bevorzugt. (Foto: oh)

Leonhard Mösl erläutert, warum er Bio-Anbau bevorzugt

Interview von Renate Zauscher

Leonhard Mösl, 54, ist Landwirt und bewirtschaftet in Ebertshausen bei Odelzhausen einen Hof mit 60 Hektar Ackerland, acht Hektar Wiesen und 34 Hektar Wald. Der Vorsitzende der Waldbauernvereinigung im Landkreis Dachau ist Bio-Bauer und baut Kartoffeln, Getreide und Sonnenblumen an. Vor Kurzem hatte Leonhard Mösl andere Landwirte auf seinen Hof zur Flächenbesichtigung und zum Erfahrungsaustausch eingeladen.

SZ: Herr Mösl, wie schaut die bisherigen Saison für die Landwirte in unserer Region aus?

Leonhard Mösl: Das Wetter spielt heuer wie schon in den vergangenen Jahren verrückt. Die Witterung wird so wie von Klima-Experten vorhergesagt immer mehr von Extremen bestimmt. Die Temperaturen werden im Jahresdurchschnitt höher; die Niederschlagsmengen bleiben bei uns von der Menge her gleich, sind aber unregelmäßiger verteilt. Starkregenfälle wechseln mit Trockenperioden ab.

Was bedeutet das?

Mit diesen extremen Schwankungen haben unsere Kulturpflanzen zu kämpfen. In den drei Monaten April bis Juni ist heuer bereits der halbe durchschnittliche Jahresniederschlag gefallen. Auf leichten Böden haben speziell Kartoffeln und andere Gemüsearten besonders zu leiden. Das bedeutet Qualitäts- und Ertragseinbußen. In Dürreperioden wird man immer häufiger bewässern müssen.

Haben Bio-Bauern und konventionelle Landwirt gleichermaßen unter diesen Bedingungen zu leiden?

Bio hat da eher geringere Probleme. Dafür gibt es mehrfache Gründe: Durch die Fruchtfolge mit Kleegrasanbau und mit Zwischenfrüchten wie etwa Legumenosen versucht man im Biolandbau den Boden mit Humus anzureichern. Dadurch bekommt man eine höhere Regenwurmaktivität und ein besseres Wasserspeicherungsvermögen des Bodens, weil Wasser in die Röhrengänge der Regenwürmer eindringen kann. Ein anderer Grund ist der, dass wir in der Bio-Landwirtschaft auf Sorten zurückgreifen, die langstrohig sind. Man weiß, das Pflanzen, die einen höheren oberirdischen Wuchs haben, auch unten ein höheres Wurzelwachstum aufweisen, damit ein besseres Wasser- und Nährstoffregelungsvermögen haben und dass alte, langstrohige Getreidesorten für den Menschen außerdem besser verträglich sind. In der konventionellen Landwirtschaft wird zum Beispiel Weizen mit einem chemischen Halmverkürzer gespritzt, um Standfestigkeit und Ertrag zu erhöhen.

Was hat Sie 2002 bewogen, ihren Hof auf Bio-Landbau umzustellen?

Das war ein Prozess über vier, fünf Jahre, an dem vor allem auch meine Frau beteiligt war. Auch der Blick auf die Finanzen und darauf, wie viel Geld für Dünger und Spitzmittel an die großen Konzerne geht, hat eine Rolle gespielt. Dann gab es die Berichte über die Grundwasserbelastung mit dem Spritzmittel Atrazin.

Dann wollten Sie nicht mehr.

Ich wollte meine Flächen einfach nicht mehr mit giftigen Substanzen belasten. Was heute in der Landwirtschaft noch zugelassen ist, ist vielleicht morgen schon als zu giftig verboten. So wird derzeit noch über Glyphosat gestritten obwohl man weiß, was für langfristige Folgen das auch für den Menschen hat. Die Bilder schwerst geschädigter Kinder und Erwachsener sind um die Welt gegangen: Niemand soll sagen, er habe nichts gewusst. Ich will nachfolgenden Generationen ganz einfach eine möglichst intakte Welt hinterlassen. Und die Bio-Landwirtschaft ist auch eine größere Herausforderung als der konventionelle Landbau für den Bauern: Man muss wieder mehr Gefühl und Gespür für den eigenen Boden entwickeln.

Hat sich die Umstellung auf Bio-Landwirtschaft auch wirtschaftlich gelohnt?

Ja, durchaus. Die bisherigen zwölf Ernten haben gezeigt, dass das wirtschaftlich interessant ist. Die Arbeit als Bio-Bauer ist aber auch deshalb sehr befriedigend, weil man sieht, dass man mit einer vernünftigen Fruchtfolge gute Ergebnisse erzielen kann. Vielfalt statt Einheitlichkeit ist da das Stichwort: Über landwirtschaftliche Gesetze wie dieses darf man sich nicht einfach hinwegsetzen. Der Biolandbau ist bei uns nach wie vor im Wachsen, ebenso die Nachfrage der Kunden. Moderat zwar, aber kontinuierlich. Ich würde jedem konventionellen Bauern empfehlen, über eine Umstellung nachzudenken.

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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