Reden wir über:Die Europäische Wildkatze

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Peter Heller beschäftigt sich mit der europäischen Wildkatze, ein Tier, das fast ausgestorben wäre (Foto: Toni Heigl)

Peter Heller über ein Tier, das fast ausgestorben wäre

interview Von Anna-Sophia Lang

Sie ist unzähmbar und selbst Experten bekommen sie kaum zu Gesicht: die Wildkatze. Nachdem sie beinahe ausgestorben war, breitet sie sich langsam wieder aus. Peter Heller () vom Bund Naturschutz hat mit seinen Kollegen Lockstäbe ausgebracht, um herauszufinden, ob sich die Tiere auch in Dachau angesiedelt haben. Im Spätherbst liegen die Ergebnisse vor. Mit Heller sprach die SZ über verschwindende Lebensräume, gefährliche Straßen und die Hoffnung auf den Erfolg.

SZ: Herr Heller, woran erkennt man eine Wildkatze?

Peter Heller: Ihr Schwanz ist dreifach geringelt und läuft schwarz aus. Außerdem ist ihre Zeichnung verwaschen. Sie ist relativ schwer von der Hauskatze zu unterscheiden - wenn man denn überhaupt mal eine Wildkatze sieht.

Ist das ungewöhnlich?

Ja, Wildkatzen sind sehr scheu. Es kommt extrem selten vor, dass man sie zu Gesicht bekommt.

Haben Sie schon mal eine gesehen?

Nein. Weder in einer Aufzuchtstation und erst recht nicht in freier Wildbahn.

Die Wildkatze war in Deutschland und anderen Ländern Europas fast ausgestorben. Woran lag das?

Das hat mehrere Gründe. Vor allem lag es daran, dass die Gebietsräume der Wildkatzen immer weiter beschnitten wurden. Die Zerschneidung ihrer Lebensräume ging über Jahre hinweg kontinuierlich voran. Außerdem wurden die Tiere früher gejagt. Wenn jemand ein Wildtier in der Nähe seiner Gebiete gesehen hat, erschoss er sie einfach. Da hat man damals nicht so viel Aufhebens drum gemacht.

Welche Rolle spielt denn die Landwirtschaft?

Vernünftige Landwirtschaft ist kein Problem. Wo nicht alles schön ausgeräumt ist und alle Wege begradigt sind, können Wildkatzen auch leben. Was sie brauchen, sind zusammenhängende Waldgebiete oder Biotopnetzverbunde. Dort haben sie Rückzugsräume und Sichtschutz. Für sie ist es wichtig, gleichzeitig sehen zu können, aber selbst nicht gesehen zu werden. Deshalb leben sie gerne in lichten Wäldern.

Gibt es denn solche Orte im Landkreis Dachau noch? Sind nicht überall Menschen und Dörfer, die es ihnen unmöglich machen, sich zu verbreiten?

Es gibt schon noch Rückzugsräume. Das Gut Obergrashof in Dachau würde sich zum Beispiel grundsätzlich eignen. Dort ist in den letzten Jahren ein naturnahes Verbundsystem entstanden, das optimale Lebensbedingungen für die Wildkatze bietet. Letztendlich läuft es darauf hinaus: Jede Zerschneidung, jede Straße trägt dazu bei, dass es für die Wildkatzen schwieriger wird, sich zu verbreiten. Sie bleiben nicht immer am selben Fleck, sondern wandern auch. Die Katzen brauchen Austausch. Deshalb ist es wichtig, dass es nicht nur isolierte Räume gibt, sondern auch Korridore dazwischen, damit die Tiere wandern können.

Glauben Sie, dass Sie im Herbst sagen können: "In Dachau leben Wildkatzen"?

Das ist schwer zu sagen, aber eher unwahrscheinlich. Für den Bund Naturschutz und den Landkreis Dachau wäre es schon außerordentlich erfreulich, wenn wir selbst diesen scheuen Tieren ein Zuhause bieten könnten. Zuletzt wurde ein Exemplar immerhin schon bei Augsburg nachgewiesen. Wenn herauskommt, dass sich bereits Wildkatzen hier angesiedelt haben, würden wir unsere Anstrengungen natürlich noch verstärken. Und es wäre ein weiteres Argument gegen die Nordostumfahrung Dachaus.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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