Politur für Stolpersteine:"Ihr werdet nicht vergessen"

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Einer, der von sich aus aktiv wird: Fabian Handfest, Jugendrat und Vorsitzender des Freiraum, hat die insgesamt 15 Stolpersteine im Stadtgebiet poliert

Interview von Eva Waltl

Dachau - An 15 Orten in Dachau zieren kleine goldene Messingsteine das Straßenpflaster. Vor etwa 15 Jahren hat der Künstler Gunter Demnig kleine Gedenktafeln an exponierten Stellen im Stadtgebiet verlegt. Die Stolpersteine erinnern an jüdische Bürger, die in Dachau dem Holocaust zum Opfer fielen. Fabian Handfest, Jugendrat und Vorsitzender des Jugend- und Kulturzentrums Freiraum, nutzte einen milden Augustnachmittag, um sich auf die Spuren der Erinnerung zu begeben. Witterung und Straßenstaub haben bewirkt, dass der Glanz und damit auch die Botschaft der Steine drohten verloren zu gehen. Dank Handfests Aktion glänzen sie wieder.

SZ: Die Stolpersteine sind ein wichtiger Teil der Erinnerungsarbeit. Im Alltag übersieht man diese Steine oft. Deswegen ist es umso bemerkenswerter, dass Sie sich in ihrer Freizeit damit beschäftigen. Was waren die Beweggründe?

Fabian Handfest: Ich bin allgemein sehr aktiv in der Politik und in der Erinnerungsarbeit. Ich spielte schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken, das zu machen. Allerdings nimmt es natürlich auch ein bisschen Zeit in Anspruch. Jetzt hat es sich angeboten, weil ich Urlaub und auch sonst nichts zu tun hatte. Also habe ich den freien, schönen Nachmittag genutzt , um die Steine zu polieren.

Wie viel Zeit hat es in Anspruch genommen?

Ich war mit dem Radl unterwegs. Es waren etwa eineinhalb bis zwei Stunden. Man hätte sich natürlich eine normale und schnellere Route zurechtlegen können, aber ich bin im Zickzack von Stein zu Stein gefahren.

Neben der Tat an sich ist es wichtig, die Botschaft an die Menschen weiterzuleiten. Nach dem Polieren haben Sie über die Aktion auf sozialen Netzwerken darüber informiert. Wie war die Resonanz?

Ich habe sehr positives Feedback bekommen. Die internationale Jugendbegegnung hat ein paar Worte darüber verloren. Soziale Netzwerke bieten eine gute Plattform, um die Menschen aufmerksam zu machen. Mir ging es nicht darum, mich selbst zu beweihräuchern, sondern darum, die sauberen Stolpersteine zu zeigen. Und um zeigen: Hey, die gibt es übrigens, und ihr werdet nicht vergessen!

Als Jugendrat-Sprecher und Freiraum-Vorsitzender zeigen Sie sich sehr engagiert in der Jugendarbeit. Gelingt es durch solche Aktionen, auch junge Menschen anzusprechen und bei ihnen ein Bewusstsein für Erinnerungsarbeit zu kreieren, sie zu sensibilisieren?

Ich bin grundsätzlich ein großer Fan von "einfach machen". Mit Worten kann man sicherlich sehr viel bewegen. Vorträge und Erzählungen geben wichtige Informationen. Wichtig ist es aber einfach, zu machen. Mir geht es darum, zu zeigen: Das kann wirklich jeder! Es ist einfach, etwas zumachen. Und jeder hat die Möglichkeit dazu. Ganz egal in welchem Bereich. Das ist für mich der wichtigste Weg. Schon die kleinste Tat kann die Erinnerung aufrecht erhalten.

Wünschen Sie sich von der Stadt Dachau mehr Einsatz, um die Erinnerung zu bewahren? Könnte mehr für diesen Bereich getan werden?

Ich glaube, wir haben in Dachau ein sehr gutes Netzwerk. Es wird sich an vielen Stellen darum bemüht. Ich bin mit der Handhabung in Dachau sehr zufrieden.

Wann werden Sie das nächste Mal wieder zum Polieren aufbrechen?

Puh, das ist eine gute Frage. Ich denke, wenn sie wieder dreckig sind und ich wieder ausreichend Zeit habe.

© SZ vom 01.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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