Nachruf auf Albert Valade:Ein Freund der Stadt Dachau

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Dachau trauert um Albert Valade aus Oradour-sur-Glane. Der Überlebende des Massakers der SS im Juni 1944 ist am Freitag im Alter von 89 Jahren gestorben. (Foto: Karen Breece)

Albert Valade: Sein Name vor allem steht für die Versöhnung zwischen Oradour und Deutschland und vor allem Dachau. Vergangene Woche ist Albert Valade im Alter von 89 Jahren gestorben. Er hat, sagt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), die Freundschaft zwischen beiden Städten von Anfang an geprägt und Dachau mehrmals besucht. Wer die Bedeutung seines Einsatzes ganz verstehen will, schreibt die Historikerin Andrea Erkenbrecher, muss zurückgehen zum 10. Juni 1944. Albert Valade war knapp 14 Jahre alt, als etwa 150 Soldaten der Waffen-SS in nur wenigen Stunden nahezu alles Leben in Oradour auslöschten und das Dorf auf die Grundmauern niederbrannten. Er und einige Familienangehörige überlebten nur deshalb, weil sie in einem der vielen Weiler der Gemeinde Oradour lebten.

14 der 40 Einwohner des Örtchens Le Mas-du-Puy verloren ihr Leben, darunter Valades Schwester Germaine, 23, und ihre beiden Kinder Georgette, neun und Edmond, sieben Jahre alt. Als ihre Kinder nicht aus der Schule kamen, ging Germaine nach Oradour und kehrte nicht zurück. Die Familie erfuhr nie, wie und wo sie starb. Germaine und ihre Kinder zählen zu den vielen Toten, deren Leichname nicht identifiziert werden konnten. Albert, der im Vorjahr die Schule beendet hatte, hütete am Nachmittag des 10. Juni 1944 die Kühe des elterlichen Hofs. Aus Oradour drangen Geräusche des Massakers zu ihm. Der Wind wehte versengte Seiten des Katechismus auf die Wiese, die Kirche, in der Frauen und Kinder ermordet wurden, brannte.

"Albert Valade hat die Geschichte seiner Familie und jene der Weiler Oradours, der Dörfer ohne Kinder, in einem beeindruckenden Buch festgehalten. Es zeugt von der andauernden Last, die das Massaker für die Überlebenden und Angehörigen der Opfer bedeutete, und nur vor diesem Hintergrund lässt sich ermessen, was sein Engagement für die deutsch-französische Versöhnung bedeutet", schreibt die Andrea Erkenbrecher.

Dennoch ging er später herzliche Freundschaften mit Deutschen ein. Andrea Erkenbrecher kannte Albert Valade seit dem Jahr 2007. Er öffnete sein Haus den Freunden aus Dachau, lud sie zu einem gemeinsamen Glas ein und führte viele Gespräche mit ihnen. Er war, obwohl er sich der Bedeutung seines Einsatzes für die Versöhnung bewusst war, ein überaus bescheidener Mensch "Ich sage es gleich, ich bin kein Überlebender!" - mit diesen Worten begann er Unterhaltungen mit neuen Gesprächspartnern.

Am Tag nach dem Massaker verließ ihn, wie er erzählte, der Mut, als er sich mit Freunden in Oradour umschauen wollte. Kurz vor der Stadt gingen seine Freund ohne ihn weiter. Das räumte er umstandslos ein - und "das machte ihn zu einem bemerkenswerten und äußerst einnehmenden Menschen. In seiner Offenheit war er verletzlich und ermöglichte so doch auch einen tiefsinnigen Austausch und wahrhafte Freundschaft". Mit Andrea Erkenbrecher trauert auch der Stadtrat Wolfgang Moll (parteifrei). "Wir Dachauer haben einen in seiner Art einzigartigen und bewundernswerten Menschen verloren", erklärt Moll.

Albert Valade wird nicht nur als Zeitzeuge fehlen, der nach dem 10. Juni 1944 Oradour nicht mehr verließ und das Gedächtnis der Geschichte des Orts und seiner Menschen war. Albert Valade fehlt vor allem als Mensch, von dem jeder bei seinen Besuchen in Dachau beeindruckt war. Die Stadt Dachau verliert, wie Hartmann erklärt, einen Freund und einen bedeutsamen Schriftsteller, der sich in mehreren Werken mit dem Massaker von Oradour-sur-Glane beschäftigt hat. Bei seinem Begräbnis wird am Donnerstag in Oradour auch ein Kranz der Stadt Dachau niedergelegt werden.

© SZ vom 24.12.2019 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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