Mitten in Pipinsried:Torgefährliche Zitronenbeißer

Lesezeit: 1 min

Mehr als 150 000 Euro müssen die neuen Regionalligisten aus eigener Kraft in den Umbau ihres Stadions stecken. Für eine Spende von 50 Euro verschlingen die Kicker eine saure Zitrusfrucht, für 250 Euro mähen sie den Rasen oder begleiten Fans beim Shoppen

Von Benjamin Emonts

Emre Arik ist ein ausgezeichneter Fußballer. Nach einem kurzen Abstecher zum Verein Bodrumspor in seiner türkischen Heimat, ist er beim Dorfverein FC Pipinsried nun eine feste Größe. Der junge Mann mit dem Vollbart ist wendig, dynamisch, dribbelstark und überaus torgefährlich. Sein bayernweit bekannter Präsident Konrad Höß frohlockt mit einigem Recht: "Der Emre ist ein ganz großes Talent."

In einem Internetvideo sieht man den 21-jährigen Mittelfeldspieler nun allerdings bemitleidenswert schwächeln. Arik presst sich unter dem Gelächter seiner Mitspieler eine ganze Zitrone in den Mund, was schon rein platzmäßig eine kaum zu lösende Aufgabe ist. Er beißt einmal zu und zieht danach ein Gesicht, als würde man ihm langsam den Finger umbiegen. Schließlich eilt Arik würgend aus dem Pipinsrieder Sportheim, um sich der Zitrusfrucht zu entledigen. Ein ziemlich harter Tobak für den neutralen Beobachter.

Aber es hilft ja nix! Der erfolgreiche Fußballverein aus dem 600-Seelen-Örtchen Pipinsried braucht eben Kohle, um den kostenintensiven Umbau seines Stadions zu finanzieren. Die Regionalliga, in die Pipinsried sensationell aufgestiegen ist, stellt hohe Ansprüche und Sicherheitsauflagen an die Spielstätten der Vereine. Mehr als 150 000 Euro musste der FCP nach eigenen Angaben in den Umbau stecken. Alleine aber kann der Dorfverein das nicht stemmen, obwohl Präsident Höß finanztechnisch als Schlitzohr gilt. Die Verantwortlichen um Manager Roman Plesche haben sich deshalb entschlossen, über Crowdfunding, sprich private Spenden, die fehlenden Mittel zu generieren.

Seither schlucken die Pipinsrieder ganze Zitronen für eine 50-Euro-Spende. Oder Präsident Konrad Höß gibt für lächerliche 30 Euro ein Autogramm. Schal, Tasse und Wimpel des FC Pipinsried kosten im Paket 70 Euro, ein Training mit der Regionalliga-Mannschaft 150 Euro. Sehr beliebt ist auch das handsignierte Aufstiegstrikot von Spielführer Thomas Berger, das er im Umkreis von 50 Kilometern gegen eine Spende von 250 Euro persönlich abliefert (Aufgemerkt: nur noch einmal erhältlich). Als richtig eingefleischter Fan sollte man sich von einem Spieler des FC P für 250 Euro seinen Rasen mähen oder sich zwei Stunden lang beim Shoppen begleiten lassen. Insgesamt muss der Verein bis zum 30. September 25 000 Euro an Spenden erhalten - sonst geht alles wieder zurück. Am Donnerstag waren es 3200 Euro. Aber keine Panik: Für 30 Steine kann man sich ein Jahr lang die Namensrechte am Pipinsrieder Stadion sichern. Es soll schon Interessenten geben.

© SZ vom 11.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: