Mitten in Ottmarshart:Mehr Sex geht nicht

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Zu einem guten Marketing gehört auch der richtige Standort. Das gilt ganz besonders für den Erotikversandhandel

Von Gregor Schiegl

Glaubt man dem Buch der Bücher, dachte sich der liebe Gott für jedes Ding, das er erschuf, einen Namen aus. Und er sah, dass es gut war. Die Benennung der Ortschaften überließ er den Menschen. Das war vermutlich keine so gute Idee, bei Subunternehmern kommt selten was Gescheites heraus. Pups zum Beispiel, Kotzendorf, Bieselbach oder Bielefeld. Diese Kreationen findet man regelmäßig in unlustigen Kolumnen, die "Die lustigsten Ortsnamen Deutschlands" heißen. Auch Beiträge aus dem Landkreis sind gelistet: Sixtnitgern zum Beispiel, hihi, oder Schmarnzell, hoho. Dabei gibt es im Journalismus einen ehernen Grundsatz: keine Witze über Namen. Erstens sind die nicht witzig. Außerdem müssen auch schlechte Comedians von irgendwas leben.

Manchmal kann man sich allerdings des Eindrucks kaum erwehren, so eine Spaßgurke würde bei Google Maps arbeiten und sich krampfhaft noch lustigere Namen ausdenken. In der Nähe von Markt Indersdorf liegt der Weiler Ottmarshart, 30 Häuser, eine Kirche, ein Friedhof, fünf Straßen. Und zwei Betriebe. Einer davon ist Tom's Bike Service, der andere das Erotikartikel-Transportunternehmen Rammelmaier. Ja, der Mann, der es betreibt, heißt wirklich so: Reinhard Rammelmaier. Marketingmäßig ist das der absolute Höhepunkt, mehr Sex geht nicht. Auch der Standort ist klug gewählt: Ottmarshart. Das klingt nach einem Versprechen nimmermüder Manneskraft. Schon der Name Ottmar hat etwas unglaublich Viriles. Man vergleiche ihn nur mit anderen Ortsnamen im Landkreis wie Pipinsried (zu klein), Ed (zu kurz) oder Speckhof (zu fett).

Natürlich zeugt jede dieser billigen Pointen von Ignoranz gegenüber der Kulturgeschichte. Kelten, Römer, Germanen und Slawen prägten Bayerns Ortsnamen mit ihren Begriffen. Das Wörtchen "hart" deutete auf eine raue Gegend hin, die nicht selten bewaldet war; an Geschlechtsteile dachte damals keiner. Auch der Ort Schmarnzell hat nichts mit Schmarrn zu tun. Quellen legen nahe, dass dort ein gewisser Smärigo wohnte. Ob Smärigo identisch mit dem Hobbit Sméagol aus dem "Herrn der Ringe" ist, wäre noch zu erforschen. Ein bisschen schaut das Dachauer Hinterland ja aus wie das liebliche Auenland. Und klingen Finkenschlipf, Rohrholm und Tukbergen so viel anders als Schluttenberg, Röhrmoos und Kleinberghofen? Eben. Nur den Erotikversandhandel, den gab es in Mittelerde noch nicht.

© SZ vom 04.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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