Mitten in Karlsfeld:Unverhofft romantisch

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Wenn der Strom ausfällt, kann das auch angenehme Folgen haben

Kolumne von Walter Gierlich

Montagabend, wenige Minuten vor acht. Druck auf den Einschaltknopf des Fernsehers, weil gleich die Tagesschau beginnt. Noch schnell die Polster von den Terrassenmöbeln wegräumen. Im Wohnzimmer ist der Bildschirm des TV-Geräts immer noch schwarz. Zweifel am eigenen Gedächtnis, daher einfach noch ein Versuch, den Apparat in Gang zu bringen, wieder vergebens. Überprüfung, ob das Stromkabel angesteckt ist. Alles okay. Ruf zur Gattin in die Küche, wo das Abendessen auf dem Elektroherd brutzelt: "Ich glaube, unser Fernseher ist kaputt." Vielleicht ist es ja die Sicherung, meint sie und probiert den Lichtschalter. Doch die Lampe bleibt dunkel. Also schnell runter in den Keller zum Sicherungskasten. Doch auch dort brennt kein Licht, so dass nichts zu erkennen ist. Wieder rauf in die Wohnung und Suche nach einer Taschenlampe. Die erste funktioniert nicht, wird man wohl mal die Batterien austauschen müssen. Zum Glück leuchtet die zweite, denn das Smartphone ist nicht griffbereit. Es stellt sich heraus, dass alle Sicherungen in Ordnung sind, nirgends ein Hinweis auf einen Kurzschluss.

Ein Anflug von Panik kommt auf: Rauf ins Treppenhaus, wo es nach einem Druck auf den Schalter auch finster bleibt. Im ersten Stock hingegen funktionieren sowohl das Licht als auch der Fernseher im Arbeits- und Gästezimmer. Die Nachrichten sind da allerdings längst vorbei. Immerhin ist dies auch eine Nachricht: Das halbe Haus ohne Strom, da muss man am nächsten Morgen umgehend einen Elektriker erreichen - mitten im August, wenn normalerweise alle Betriebe Urlaub machen. Na ja, vielleicht hat Corona in diesem Fall auch mal was Gutes, bleiben ja viele Menschen deswegen zu Hause. Vielleicht auch Handwerker.

Mittlerweile ist das Essen fertig, man beginnt zu speisen, die Anspannung lässt nach, als plötzlich auch in der Küche die Beleuchtung erlischt. Die Suche nach Kerzen und Streichhölzern ist schnell erfolgreich. Candlelight Dinner, schon lange nicht genossen. Ein Blick aus dem Fenster zeigt, dass auch in einigen Nachbarhäusern kleine Flammen flackern. Fortsetzung des Abendessens auf romantische Art, als plötzlich die Energiesparlampe an der Decke ihren Dienst wieder aufnimmt, dann erneut alles finster, wieder kein Strom. Aber nur ein, zwei Minuten lang, denn dann erstrahlen alle Birnen im ganzen Haus und auch der Fernseher im Wohnzimmer bringt sein Abendprogramm. Leider nichts über die Ursachen des merkwürdigen Stromausfalls.

© SZ vom 27.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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