Mitten in Karlsfeld:Und es kam eine Finsternis

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Da will man am Feiertag einmal in Ruhe im Bett lesen, da fällt der Strom aus. Hätte man doch nur den österlichen Brauch, die Osterkerze zu entzünden, befolgt

Glosse von Walter Gierlich

Ostern ist das höchste christliche Fest im Kirchenjahr. Es geht mit vielen Bräuchen einher - eher säkularen wie dem Osterhasen und den bunten Ostereiern. Aber natürlich gibt es auch solche mit religiöser Bedeutung: Dazu gehört etwa die Osterkerze, die nach der Karwoche wieder Licht und Leben in die Welt bringen soll. Was gerade in Pandemiezeiten höchst willkommen ist.

Aber in Teilen der Karlsfelder Gartenstraße klappte das am Ostersonntag morgens gegen halb neun Uhr nicht. Dabei wäre es gerade da nicht schlecht gewesen, ein solches Wachslicht zur Hand zu haben. Denn bei noch heruntergelassenem Rollo und angeknipster Nachttischlampe den Feiertag nutzend, um im Bett einmal ohne jeden Stress ausgiebig zu lesen in der Hoffnung, den aktuellen Roman endlich bis zum Ende zu schaffen, wird es plötzlich finster. Muss ausgerechnet jetzt die Glühbirne an der Schlafstatt den Geist aufgeben? Also springt man auf, drückt auf den Schalter für das Deckenlicht im Schlafzimmer, doch nichts passiert. Spurt ins Erdgeschoss, doch auch dort ist nirgends Strom. Leichte Panik macht sich breit, schließlich dürfte es leichter sein, sechs Richtige im Lotto anzukreuzen als an Ostern einen Elektriker zu erreichen. Aber zunächst mal weiter in den Keller zum Sicherungskasten: Puh, Erleichterung, alle Sicherungen sind drin. Es scheint ein Stromausfall für ein größeres Gebiet zu sein.

In ihrem Garten ist gerade die Nachbarin unterwegs. Ob sie auch keinen Strom hat? Doch, bei ihr ist alles in Ordnung. Gerade habe sie ihre Waschmaschine eingeschaltet. Kurz bevor nun bei einem endgültig Hysterie ausbricht, ruft die Bewohnerin eines anderen Nebenhauses, dass auch bei ihr nichts mehr gehe und sie schon die Telefonnummer des Stromversorgers Bayernwerk herausgesucht habe. Sie werde dort jetzt anrufen. Offenbar hat sie Erfolg. Denn nachdem man sich noch mit weiteren Nachbarn über das Ärgernis eines Stromausfalls am hohen Festtag ausgetauscht hat, fängt plötzlich der Kühlschrank wieder an zu brummen und der Radioapparat meldet sich mit den Neun-Uhr-Nachrichten.

Also kann man beruhigt zum Bäcker radeln, da ja die Kaffeeproduktion für das Frühstück nun gesichert ist. Auf dem Rückweg steht ein Auto des Bayernwerks am Straßenrand. Frage an den Monteur, was denn der Grund für den Stromausfall gewesen sei? "Das wenn ich wüsste, würde ich nicht mehr hier sein", lautet die knappe Antwort. Offenbar muss man nicht alles wissen, denn seither fließt der Strom wieder störungsfrei. Nur wie der Roman ausgeht, ist immer noch offen.

© SZ vom 06.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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