Mitten in Karlsfeld:Münzen versenken

Lesezeit: 1 min

Die Krenmoos-Fontäne ist trocken, der Brunnen müsste dringend saniert werden. Die Gemeinde aber sitzt selbst auf dem Trockenen

Von Gregor Schiegl

Listen erfreuen sich seit Jahren wachsender Beliebtheit, auch die Satirezeitschrift Titanic führt neuerdings solche Listen, von denen dem melancholisch veranlagten Leser vor allem die "Liste trauriger Dinge" ans Herz gelegt sei: ein Italiener, der sich eine Tiefkühlpizza kauft; ein Sonntagnachmittag auf einer Esoterikmesse im Gewerbegebiet; Facebook-Fanseiten von Kommunalpolitikern mit weniger als 30 Likes. Das Schöne und zugleich Traurige: Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Zum Beispiel um Karlsfelds Brunnen: Die Krenmoos-Fontäne, geschaffen vom renommierten Bildhauer Klaus Herbrich, sie schweigt und das schon seit Jahren, ebenso der Franz-von-Assisi-Brunnen. Sollte es in einer Gemeinde, die den Brunnen stolz in ihrem eigenen Banner trägt, nicht allenthalben lustig plätschern, pritscheln, strömen, sprühen, strudeln, fluten, spritzen und rauschen? Es sollte. Das Problem ist, dass die Gemeinde selbst auf dem Trockenen sitzt. Wäre ihr Haushalt ein Brunnen, wäre er künstlerisch als löchriger Eimer darzustellen. Und 50 000 Euro für die Sanierung nur eines einzigen Brunnens? Das erscheint auch den Freunden öffentlichen Geplätschers im Gemeinderat derzeit nicht vertretbar.

Nun soll ein Ingenieurbüro zumindest Planungen zur Sanierung der Brunnen in Angriff nehmen. Dahinter steht die Hoffnung, dass die Ingenieure den horrenden Kostenvoranschlag des Brunnenherstellers Lügen strafen. Plan B sähe vor, die leeren Becken mit Erde aufzufüllen, auf dass wenigstens ein paar hübsche Blümlein darin sprießen können. Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe fürchtet aber nicht ganz zu Unrecht, dass der Künstler ob dieser Zweckentfremdung in Schnappatmung verfallen könnte. Vielleicht sollten die Karlsfelder ihre Besucher animieren, das gleiche zu tun wie die Touristen in Rom. Im zugegebenermaßen sehr berühmten, sehr prächtigen und sehr nassen Trevi-Brunnen versenken die Touristen pro Jahr Münzen im Wert von rund einer Million Euro. Ein Zehntel würde für Karlsfelds Brunnen schon vollauf reichen.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: