Mitten in Karlsfeld:Klimawandel hautnah

Nicht nur in Ozeanien verschwinden Inseln, sondern auch im Karlsfelder See

Von Walter Gierlich

Es ist schon ärgerlich, dass immer noch Leute den durch Menschen verursachten Klimawandel für eine Erfindung böser Mächte, wahlweise der Chinesen oder industriefeindlicher Umweltschützer, halten. Dazu gehören bekanntermaßen einflussreiche Weltpolitiker und auch die Abgeordneten einer erstmals in den Bundestag eingezogenen Partei. Solche Wissenschaftsleugner halten es für Zufall oder eine schiere Laune der Natur, dass seit Jahren die Durchschnittstemperaturen ansteigen, Gletscher schmelzen, in manchen Weltgegenden immer häufigere Unwetter und Stürme zu Überschwemmungen führen, während sich in anderen wegen ausbleibenden Regens Dürren ausbreiten.

Dann ist da die Spezies Mensch, und dazu gehört wohl die Mehrheit der deutschen Politiker, die zwar durchaus anerkennen, dass der Ausstoß von Treibhausgasen durch Verbrennung fossiler Energieträger, zunehmenden Autoverkehr oder Abholzung von Urwäldern seit Beginn der Industrialisierung rapide angestiegen ist. Sie halten folglich weltweite Klimaabkommen zur Begrenzung von CO₂-Emissionen und des Temperaturanstiegs für sinnvoll und notwendig. Nur sehen sie nicht unbedingt einen Zwang für sofortiges Handeln, also etwa den Ausstieg aus der Kohleverstromung. Schließlich treffen die Auswirkungen der Klimakatastrophe in erster Linie weit entfernte Regionen der Erde.

Wie könnte man bloß solchen im Allgemeinen umweltfreundlich Gesinnten die Scheuklappen nehmen und die lokale Dringlichkeit begreiflich machen? Beim Feiertagsspaziergang um den Karlsfelder See schweift der Blick übers Wasser und die Lösung ist plötzlich sichtbar. Die Badeinsel! Letzte Woche noch ein Fixpunkt in der Mitte des Gewässers ist sie auf einmal weg. Hier sollte selbst der größte Klimaskeptiker nicht leugnen, dass das Verschwinden des künstlichen Eilands allein Menschenwerk war - vollbracht von der Wasserwacht.

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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