Mitten in Karlsfeld:Hilfe, ich habe einen Rausch

Lesezeit: 1 min

Immer öfter rufen Menschen die Polizei, wenn sie nicht mehr ganz zurechnungsfähig sind. Das gibt natürlich eine Anzeige. Aber vielleicht ist es ja auch der erste Schritt zu einem besseren Leben

Kolumne von Viktoria Großmann

Der Trend geht zur Selbstanzeige. Zumindest im Landkreis Dachau. Erst vergangene Woche hatte ein junger Mann, der mit seinem Fahrrad am Straßenrand stand, heftig winkend einen Streifenwagen zu sich gerufen, um die Polizisten darauf aufmerksam zu machen, dass er "erheblich betrunken" sei. Der Mann hatte tatsächlich 2,62 Promille im Blut. Nun hat die Polizei am Samstagmorgen erneut einen Mann im Vollrausch aufgegriffen, der selbst hilfesuchend den Notruf gewählt hatte.

Es muss für die Nachbarn ein besorgniserregender Anblick gewesen sein, als an dem frühen Sommermorgen gegen 6 Uhr mehrere Streifenwagen ein Wohnhaus in Karlsfeld umstellten. Ein Einbrecher war gemeldet worden. Die Polizisten durchsuchten Haus und Wohnung, trafen jedoch nur den 34-Jährigen an, der sie gerufen hatte. Von einem Einbrecher gab es keine Spur. Was den jungen Mann zu der Annahme gebracht hatte, nicht allein in seiner Wohnung zu sein, wurde den Uniformierten jedoch bald klar. Er habe sich in einem "starken Rauschzustand" befunden, "der auf Drogenkonsum schließen ließ". Das interessierte die Polizisten und sie begannen, sich die Wohnung näher anzusehen. Dabei fanden sie tatsächlich illegale Drogen.

Es war kein guter Trip für den Karlsfelder. Erst Angstzustände und Einbildungen. Dann die ganz reale Polizei in der Wohnung. Nun erwartet den Mann eine Strafanzeige wegen des illegalen Besitzes von Betäubungsmitteln. Doch hinter diesen Gesetzen steckt schließlich auch das Anliegen, die Bevölkerung zu schützen. Vor den Drogen und vor sich selbst. So gesehen können beide Männer froh sein, dass ihr Unterbewusstsein im Vollrausch die Oberhand gewonnen hat und sie Hilfe gerufen haben. Im besten Fall haben beide, trotz der Anzeigen, die sie erwarten, damit den Anfang gemacht, in Zukunft besser mit sich umzugehen.

© SZ vom 12.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: