Zugegeben, ein reines Vergnügen ist es nicht, sich in einem Kurzurlaub auf Städtereise in London - Motto: Schnell noch mal hin, wer weiß, was der Brexit bringt? - in der hochsommerlichen Ferienzeit durch die Menschenmassen rund um Covent Garden, den Piccadilly Circus oder Leicester Square zu drängen. Oder genauer gesagt, sich durch die Horden mit Kameras und Smartphones ausgerüsteter und dauerknipsender Touristen schieben zu lassen, als wäre Wochenende auf dem Oktoberfest oder ein Adventssamstag in der Kaufingerstraße.
Daher ist es nachher - zumindest anfangs - umso erfreulicher, ins verschlafene Karlsfeld heimzukommen, das in den Sommerferien noch ruhiger ist als sonst. Doch schon bald wird es dem Urlaubsrückkehrer allzu still in der heimischen Umgebung: Der Ort wirkt geradezu ausgestorben, die Straßen sind menschenleer. Alle 22 000 Einwohner der Gemeinde scheinen sich an südliche Strände oder in kühle Berge davongemacht zu haben. Kein Rasenmäher stört die Mittagsruhe, keine Rauchschwaden nachbarlicher Grills wabern durch den Garten. Karlsfeld - doch ein Paradies? Schliche sich da nicht aus dem Unbewussten dieses Gefühl von Einsamkeit, von vollständiger Verlassenheit hervor. Man glaubt plötzlich zu spüren, wie verloren sich Robinson Crusoe auf seiner einsamen Insel gefühlt haben muss und macht sich wie er auf die Suche nach einem Gefährten. Doch vergeblich. Niemand ist zu sehen.
Bis dann plötzlich in einer Grünanlage doch zwei menschliche Antlitze auftauchen - zumindest bildlich: Wohl selten hat man sich so gefreut, Plakate mit den Gesichtern von Bundestagskandidaten zu entdecken. Es geht halt doch nichts über die Demokratie mit ihrer Wahlwerbung, zumindest in den Sommerferien.