Mitten in Hebertshausen:Zentrale Verstopfung

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Bürgermeister Reischl versucht die Einwohner seiner Gemeinde zu erziehen: Irgendwer lebt offenbar einen Putzfimmel mit Feuchttüchtern aus, die dann die ganze Kanalisation lahm legen

Kolumne von Gregor Schiegl

Allzu viele Details über Heraklit von Ephesos sind heute nicht mehr bekannt, aber Klempner war er bestimmt nicht. Leute vom Fach hätten niemals behauptet "alles fließt", das ist Wunschdenken. In London bildete sich im vergangenen Jahr ein gigantischer Fettpfropfen in der Kanalisation, 250 Meter lang und schwer wie ein Walfisch, weil der Mensch ein Schwein ist und ins Klo kippt, was er nicht in den Mülleimer schmeißen kann oder will. In diesem Fall waren es Unmengen an heißem Frittierfett, die ins kalte Wasser unter die Straßen von Whitechapel flossen und dort aushärteten, denn das Frittieren ist ebenso ein zentrales Kulturgut Großbritanniens wie die steife Oberlippe oder das Ministerium für albernes Gehen.

Nun könnte man einwenden: Was geht uns der Fett im Kanal jenseits des Kanals an? In deutschen Landen ist alles sauber und effizient, vor allem in Bayern und erst recht in Oberbayern. Aber genau da liegt offenbar das Problem, das zeigt ein Blick in die Gemeinde Hebertshausen. Dort vermeldet Bürgermeister Richard Reischl: "Wieder einmal ist die zentrale Abwasserpumpe in Prittlbach durch Unmengen von Feuchttüchern verstopft." Im Internet hat er ein Bild von dem gewaltigen grauen Glibbermatsch gepostet, der die Eingeweide der kommunalen Abwasserentsorgung lahmlegt. Der Tuchbrei ist nicht ansatzweise so imposant wie der Londoner Fettberg, aber von seiner Qualität mindestens genauso eklig.

Anders als in London geht man in Hebertshausen aber nicht vom kollektiven Fehlverhalten einer manisch-lipophilen Bevölkerung aus, sondern von einem Einzeltäter mit Fimmel für Feuchttücher. "Scheinbar reinigt einer damit nicht nur sein Gesäß, sondern das ganze Haus", klagt Reischl im Netz. Irgendwo in Prittlbach müsste sich demnach eine blitzeblank, cremig duftende Wohnung befinden, wo der Übeltäter haust. Ihm seien die mahnenden Worte des Rathauschefs zugerufen: "Feuchttücher zersetzen sich leider nicht und gehören daher niemals in die Kanalisation, sondern in den Mülleimer." Eine Erkenntnis, die Heraklit nicht flüssiger hätte formulieren können.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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