Mitten in Hebertshausen:Analoge Fahnen für die digitale Welt

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Das Rätsel um die weiß-blauen Fahnen ist nur in eine Richtung lösbar

Kolumne Von Walter Gierlich

Vor Wahlen ist es ja üblich, dass man am Straßenrand von allerlei bunten Plakaten oder Werbetafeln begleitet wird. Doch bis zum Urnengang für den bayerischen Landtag sind es immerhin noch beinahe fünf Monate - ein bisschen früh also, um bereits Reklame für die Kandidaten zu machen. Daher kommt man schwer ins Grübeln, wenn man momentan auf der Freisinger Straße durch Hebertshausen fährt. Denn am Straßenrand sind im Abstand von fünfzig bis hundert Metern weiß-blaue Fahnen aufgestellt. Nein, ein Bild unseres neuen Ministerpräsidenten ist ebenso wenig darauf zu erkennen wie der Schriftzug seiner CSU. Buchstaben sind zwar zu sehen, aber wer in östlicher Richtung dahinbraust, kann sie nicht entziffern.

Zudem ist das Blau ein wenig zu hell, um die Farbe der Staatspartei zu repräsentieren. Eher ähnelt die Schattierung den Vereinsfarben des TSV 1860 München. Aber würde ein Ort im Landkreis Dachau den Aufstieg der Löwen aus der vierten in die dritte Liga dermaßen aufwendig feiern? Ach, wird nicht auch alljährlich der Weg entlang der Fronleichnamsprozession beflaggt? Doch dafür wiederum passen diese Fahnen nicht, schließlich sind die Banner der katholischen Kirche in Gelb-Weiß gehalten. Die Beflaggung in Hebertshausen bleibt dem Autofahrer ein Rätsel.

Erst auf dem Rückweg in Richtung Dachau kommt die Auflösung. Dann nämlich lässt sich der Schriftzug lesen. Und siehe da, es handelt sich um Werbung für die Firma "Deutsche Glasfaser". Die soll bekanntlich die Gemeinde mit (blitz)schnellem Internet ausrüsten, macht das aber nur, wenn 40 Prozent der Hebertshausener Haushalte einen Zwei-Jahres-Anschlussvertrag unterschreiben. Dafür muss kräftig geworben werden, was offensichtlich selbst im Zeitalter der Digitalisierung am wirkungsvollsten analog funktioniert. Mit weiß-blauen Fahnen am Straßenrand.

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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