Mitten in der Region:Zwei Seelen in meiner Brust

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Die Rennradler sind wieder unterwegs - zum Leidwesen vieler Autofahrer

Kolumne von Katharina Schmid

Sie sind zurück. Gerne treten sie in Schwärmen auf, fliegen vorbei wie die Zugvögel aus dem Süden. Nur sind sie auf dem Boden geblieben. Die Tageszeit ihres vermehrten Auftretens: nach Feierabend. Die Rede ist vom Rennradler. An diesen ersten warmen Frühlingstagen packen die sportlichen Damen und Herren ihre noch winterweißen Waden wieder aus, treten voller Elan in die Pedalen. Und das gerne zu den letzten wärmenden Sonnenstrahlen des Tages. Ebendann, wenn der Büromensch endlich im Auto sitzt und auf dem Nachhauseweg überlegt, ob sich noch eine kurze Laufrunde ausgeht, bevor es dunkel wird. Dann haben die Rennradler schon viele Kilometer in den Beinen und ziehen flugs an einem vorbei. Während man selbst an der roten Ampel steht. Und wartet. Ungeduldig. Und ja, auch ein großes Bisschen neidisch. Denn beim Gedanken an das eigene Rennrad, das noch zu Hause im Keller verstaubt auf seine erste Tour im neuen Jahr wartet, da schlägt das Herz der verhinderten Rennradlerin zugegebenermaßen höher. Einerseits.

Andererseits ist die ja auch Autofahrerin. Und mal ehrlich, was gibt es Anstrengenderes als Rennradfahrer, die im Schwarm auftreten und nebeneinander statt hintereinander herfahren. Was geht mehr auf die Nerven als Rennradler, die nicht den Radweg nutzen, sondern lieber auf der Straße mit den Autos um die Wette fahren. Klar, sie sind schnell. Schneller als der normale Radler. Aber halt nun mal nicht so schnell, dass Riesel oder Asphaltwellen auf dem Radweg sie mehr ausbremsen würden, als sie ihrerseits den Autoverkehr ausbremsen. Grr: Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust ...

Aber selbst die sehr genervte Autofahrerin ist schnell versöhnt. Zum Beispiel durch dieses fröhliche Grinsen, das sich neulich abends die beiden Rennradler zuwarfen. Als der eine den anderen aus dem Windschatten heraus überholte. Was ein Spaß. Der erste Wind auf den nackten Waden im Frühjahr, die erste Runde auf dem Rad im Abendlicht. Das lässt sich halt nur schwer toppen. Dem Autofahrer sei's gesagt. Und auf sein Verständnis gehofft.

© SZ vom 11.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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