Mitten in der Region:Ticket zum Mars

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Solange die Bahn AG nicht mitmischt, könnte es mit dem Flug zum Nachbarplaneten klappen

Von Peter Bierl

Im Jahr 2030 soll der erste Mensch auf dem Mars landen. Die Reise ist lang und gefährlich, das Essen fad und die Gesellschaft, in der man seine Lebenszeit verbringt, bietet keine Abwechslung. Ein großes Risiko im Vergleich zu einer Fahrt mit der S-Bahn des MVV entfällt allerdings: Astronauten brauchen keine Fahrkarten lösen. Selbst für gestählte Pendler ist das Tarifsystem mit seinen Zonen und Haltestellen, Streifen- und Zeitkarten eine Herausforderung, sobald man eine ungewohnte Strecke zurücklegen muss. Wer ohnehin nur gelegentlich mit der Bahn fährt, der lasse alle Hoffnung fahren. Bemannte Fahrkartenschalter sind längst eine Rarität und die Automaten können einen zur Verzweiflung treiben

So erging es einem SZ-Leser, der seit 37 Jahren mit dem Zug fährt, wofür er längst von einem Bürgermeister als "Held der Fortbewegung" hätte geehrt werden müssen. Als ihn neulich eine ältere Frau am Bahnhof bat, ihr beim Kauf einer Single-Tageskarte XXL behilflich zu sein, geriet er ins Schwitzen. Die einfachste Lösung wäre gewesen, im DB Service Store ein Ticket zu lösen. Dort wurde der Frau jedoch beschieden, dass Fahrkarten wegen eines Pächterwechsels erst ab 1. November wieder zum Sortiment gehören. Schließlich fanden die Dame und ihr Helfer einen Automaten und entdeckten den richtigen Button für die gewünschte Fahrkarte, die 8,60 Euro gekostet hätte. Allerdings warf das Gerät ihren Zehn-Euro-Schein wieder aus. Dem Infoscreen war zu entnehmen, dass der Automat nur Münzen akzeptierte, welche die Frau nicht in ausreichender Zahl mit sich führte. Weil inzwischen seine S-Bahn einfuhr, musste der hilfsbereite SZ-Leser die Frau bei diesem unbefriedigenden Stand der Dinge zurücklassen. Ob sie noch eine Fahrkarte ziehen konnte, schwarz fuhr, irgendwann aufgab oder immer noch über den Bahnhof irrt, ist nicht bekannt. Fest steht, dass dem ersten bemannten Flug zum roten Planeten weitere folgen und die Menschen bald Stationen auf dem Mond und dem Mars einrichten werden. Alles das wird in nicht allzu ferner Zukunft stattfinden und wunderbar funktionieren, vorausgesetzt, keiner kommt auf die Idee, Infrastruktur und Service der Bahn AG zu übertragen.

© SZ vom 26.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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