Mitten in der Hitze:Ach so, der Klimawandel

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Die Gluthitze dieser Tage liefert einen Vorgeschmack darauf, wie es vielleicht in Zukunft im Landkreis Dachau aussehen wird

Kolumne von Helmut Zeller

In diesen glutheißen Tagen ist ein Blick in die Zukunft des Dachauer Landes angebracht, am besten anhand der Lektüre eines Science-Fiction-Romans aus den Sechzigerjahren: "Die Dürre" von J. G. Ballard, dem 2009 verstorbenen britischen Schriftsteller meisterhaft gezeichneter Weltuntergangsszenarien. Das Werk kühlt zwar niemanden ab. Es wird den Dachauern noch heißer werden, wenn sie in The Burning World (so der Originaltitel) lesen, wie sich Landschaften und Menschen in dramatischer Weise verändern, weil chemische Rückstände die Verdunstung des Meerwassers verhindern und eine weltweite Dürre auslösen. Worin genau die Veränderung besteht, soll nicht verraten werden - aber es kommt dicke, übler noch als bisher schon. Und wer dann immer noch altväterlich und in schönster Geschichtsvergessenheit Ludwig Thoma zitiert - "Am schönsten war es doch in Dachau" -, dem, das wird dann jedermann klar sein, war vorher schon nicht mehr zu helfen.

Deshalb doch ein, zwei Beispiele: Die schönen Umgehungsstraßen, die noch gebaut werden, erstrecken sich wie eine künstlerische Installation durch das braunverbrannte Dachauer Land. Darüber steht flirrende Hitze, eine Luft, zu dick zum Atmen. Hie und da ein paar ausgebrannte Autowracks - die Pendler sind auf und davon. Die Dachauer, also die Hautevolee, haben sich wie Höhlenmenschen in den Karlsberg eingegraben. Oder der Karlsfelder See, Erholungsoase vieler Tausend: ausgetrocknet. Jetzt könnte man auf dem Grund die fossilen Überreste jenes Krokodils finden, das einst durch die Boulevardpresse geisterte. Aber niemand wird sich in das Gebiet wagen. Heute schon, vor zwei Tagen war es, wurde ein Mann von einem Exemplar einer unbekannten, laut brummenden Insektenart derart in den Hals gestochen, dass er fast einen Kreislaufkollaps erlitt. Keine Ahnung, was da alles im Begriff ist, unseren schönen See zu okkupieren. Es war keine Hummel, auch keine Dummel (Rechtsextremer), die in solcher Zukunft, immerhin, auch nur noch ein kühles Loch suchen wird. "Die Extreme sind eine unweigerliche Folge des Klimawandels", sagt ein Meteorologe. Ach so. Das sagen heute alle, so leichthin, als hätten Experten nicht schon in den Siebziger Jahren gewarnt - doch die glyphosatverliebte Politik war eben blind und taub. Danke.

© SZ vom 27.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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