Mitten in Dachau:Zeitung ohne Büro

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Die Redaktionsräume werden saniert. Vorerst sind sie deshalb fast unbenutzbar

Von Viktoria Großmann

Eine Zeitung zu machen, ist kein Nine-to-Five-Job. Das weiß jeder im Rathaus, der schon einmal versucht hat, früh um neun einen Journalisten zu erreichen. Wir sind entweder in der Konferenz oder auf Terminen oder lauern im Bauausschuss darauf, dass die Gewerbegebietsbefürworter über die Kerngebietsexperten herfallen und sich am Ende Fronten bilden zwischen denen, die es schon früher gewusst haben und denen, die es schon immer gewusst haben und sich alle gegenseitig vorwerfen, Ideen zu klauen und Entscheidungen zu verzögern.

Damit die vierte Macht in der Runde während der Debatten keine Unterzuckerung erleidet, werden am Pressetisch im Dachauer Rathaus Apfelsaft, Kaffee und Kekse gereicht, im Landratsamt gibt es Butterbrezn, Rosinenschnecken und einen ganzen Kühlschrank voller Getränke (auch Cola). Da sieht man, wie die Haushaltsmittel - beziehungsweise die Prioritäten - verteilt werden. Natürlich hat man als Journalist soviel mitzuschreiben, dass man erstens eine Sehnenscheidenentzündung kriegt und zweitens nicht zum Kekse essen kommt. Trotzdem ist es im Alten Rathaussaal und Großen Sitzungssaal allemal netter als im Redaktionsbüro. Dort gibt es meistens keine Kekse und die Haushaltsmittel zur Sanierung wurden über lange Zeit nicht bereitgestellt.

Das ändert sich jetzt. Unsere Redaktion soll schöner werden. Vorerst ist sie deshalb nahezu unbenutzbar. Wir sind beim Arbeiten Arbeitern im Weg. Wir haben Respekt vor ihnen, denn sie tragen Uniform und ihre Werkzeuge sind größer als unsere. Malerpinsel schlägt Schreibstift. Wir hätten gerne Betriebsurlaub genommen, aber das geht nicht, weil sich dann die Abonnenten beschweren. Also haben wir uns heute morgen in der Konferenz aus dem Wirtschaftsteil Hüte gebastelt und uns unter der Malerleiter eingerichtet. Zwei Wochen lang werden wir eine Zeitung auf der Baustelle machen. Die Herausforderung schreckt uns nicht. Denn danach werden wir Kekse kaufen. Und Cola in unseren neuen Kühlschrank stellen.

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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