Mitten in Dachau:Wut-Ventile für Autofahrer

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Wie man seinem Ärger über schlecht geparkte Autos auf dem Wiesböckanwesen Luft machen kann

Von Anna-Sophia Lang

Es ist ein altes Klischee, dass die Deutschen nur weniges mehr lieben, als ihre Autos. "Mei heilig's Blechle", wird in Schwaben erschüttert geseufzt, wenn beim samstäglichen Polieren der Kühlerhaube ein Kratzerchen entdeckt wird. Diese enge Liebesbeziehung erfordert die allmorgendliche Suche nach einem geschützten Parkplatz für das teure Objekt zu. Der sollte möglichst nah beim Büro sein und selbstverständlich kostenlos. In Dachau gibt es davon wenige. Sie sind heiß umkämpft.

Zum Beispiel am sogenannten Wiesböckanwesen am Fuß des Karlsbergs. Wie viele Parkplätze es dort gibt, lässt sich nicht genau feststellen. Denn Begrenzungen gibt es keine, folglich sind die Autos wie Kraut und Rüben geparkt. Nicht selten klaffen da Lücken, in die zwar drei Viertel eines Autos passen würden, aber selbst mit dem Mut der Verzweiflung kein ganzes. Sind alle offensichtlich regulären Plätze belegt, wird auch der verbleibende Raum radikal ausgenutzt - inklusive der Wege, die eigentlich zum Ein- und Ausfahren gedacht sind. So steht man am Ende eines langen Arbeitstages oft ziemlich blockiert da.

Glücklicherweise hat sich inzwischen ein schlauer Erfinder etwas ausgedacht, mit dem man dem Ärger über die Mitparker besser Luft machen kann: kleine Pappkarten oder Aufkleber, die unter die Scheibenwischer geklemmt werden können. "Schei** geparkt", steht darauf. Freilich ohne die Sternchen. Es gibt sie in blau, weiß und mit bunten Autos und sie sind wie gemacht für das Wiesböckanwesen. Auch dort wurde kürzlich ein Parker damit ausgezeichnet, wobei der Kartenklemmer damit noch nicht genug hatte. Neben der Karte hatte er noch einen Zettel mit persönlicher Widmung befestigt, die an dieser Stelle besser nicht im Originalwortlaut wiedergegeben wird.

Gut, dass der Wutausbruch nur schriftlich erfolgte. Wahrscheinlich half der Zettel, größere Schäden zu verhindern. Es sollte deshalb zur Pflicht gemacht werden, zumindest einen Stapel "Schei** geparkt"-Aufkleber jederzeit im Auto mitzuführen. Wie Warnwesten. Sie erfüllen auch eine Sicherheitsfunktion: den Schutz vor dem total entfesselten Wutausbruch. Der könnte sich schließlich in noch viel Schlimmerem äußern. An dem schlecht geparkten Auto auf dem Wiesböckanwesen war jedenfalls weder eine eingeschlagene Scheibe noch ein lang gezogener Lackkratzer zu entdecken.

© SZ vom 21.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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