Die Deutschen sind eine Nation der Frühstücker, heißt es oft. Es ist immerhin nicht das Schlimmste, was uns nachgesagt wird. Während Italiener weder Kaffee in Pappbechern mit sich herumtragen, weil dort die Kaffees einfach viel zu klein sind, um herumgetragen zu werden, noch frühstücken, weil auf der Untertasse am Tresen allenfalls ein winziger Keks Platz findet, leben die Deutschen ihren Semmel-Aufschnitt-Müsli-Wahn aus. In den Neunzigerjahren, als kein Ort im Universum hipper war als Berlin, frühstückte die Avantgarde bis in die Abendstunden hinein. Auch für die angebliche Lieblingsmahlzeit der Deutschen fielen Grenzen, wenn auch nur die der Tageszeit. Manche Menschen frühstücken heute mangels Zeit und dank überall auffindbarer Backshops mit To-Go-Kaffee, Müsli im Becher und Butterbreze aus der Papiertüte sogar mehrmals am Tag. Es ist, wenn man so will, eine einzige Diskriminierung der Nichtfrühstücker.
Wo finden nun jene Zuflucht, die bereits am morgen Mittagessen oder zu Mittag ein Feierabendbier trinken möchten? Richtig: in Dachau. Der Schnellimbiss in der Frühlingstraße mit seinem schnörkellosen Angebot und der Modellboot-Deko wirkt wie aus fernen Breitengraden herangesegelt. Hier kann der unterwegs oder noch gar nicht gefrühstückt habende Büromensch auf dem Weg zur Arbeit Männern begegnen, die mit unschuldigem Lächeln bereits der Morgensonne mit einer zünftigen Halben zuprosten oder Frauen, die sich um 9 Uhr in der Früh freudig über eine Currywurst hermachen. Es ist der Himmel der Marmeladenbrotverächter und Müsli-Belächler. Anlaufstelle für Nachtarbeiter und Frühschichtmenschen. Es ist eine Nische für eine allzu selten beachtete Minderheit, die ihren Platz in Deutschland bekommen sollte: die der Mittagessen- und Abendbrotfans.