Ältere Dame und älterer Hund in der Dachauer Altstadt. Hund bleibt stehen. Schaut die Passanten an. Frau bleibt stehen, schaut ihren Hund an. Verliert die Geduld: "Itzad kumm. Itz! Geh weida. Sakrament!" Hund dreht sich um, läuft in die andere Richtung davon.
Es ist immer eine Freude, einem Volk über seinen Umgang mit seinen Tieren näher zu kommen. Bayern und Tschechen etwa sind sich ihrer Liebe für Tiere auf dem Teller und Tiere an der Leine nicht ganz unähnlich. Wer das erste Mal im Leben nach Tschechien fährt, kehrt vielleicht mit dem beglückenden Gefühl zurück, nun zu wissen, was der beliebteste tschechische Hundename ist: Pottzem! Wer das zweite Mal hinüber fährt, beginnt vielleicht, sich zu wundern, dass dieser Name auch Kindern gegeben wird. Wer schon unzählige Male da war, hat begriffen, dass der Tscheche was er liebt, gern nah bei sich hat, weshalb er Hund und Kind gleichermaßen zärtlich zuruft: Komm her! - Pojd' sem! So groß ist im nächsten Nachbarland die Liebe zum Hund, dass man sich schon fragt, ob dort auch irgendjemand Katzen hat. Irgendjemand schon und die war auch noch weg. Mit Fahndungsfotos wurde in einem der größten Prager Parks am Letná nach dem Tier gesucht. Aussehen: grau-braun gestreift. Name: Pejsek. - Hündchen.
Wird nun der Fremde in Dachau denken, hierzulande hießen Hunde "Sakrament"? Die eher komplexe Aufforderung hat der Dachauer Hund jedenfalls nicht verstanden. Oder er wollte sie nicht verstehen. Wenn sich die Menschen erst mal mit ihren Hunden unterhalten, als wären sie Menschen, dann müssen sie damit rechnen, dass diese anfangen, sich so zu benehmen. Plötzlich eigene Wege gehen. Oder zurückgranteln. "Sakrament", brummt der Bayer dann wieder. Und der Tscheche würde ihn sogar verstehen.