Mitten in Dachau:Unpünktlichkeit hat einen Namen

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Die Bahn will einen Zug taufen und fordert den Oberbürgermeister auf, sich zu bewerben. Dabei beweist sie einmal mehr, dass sie in Kommunikationsfragen zu Tolpatschigkeit neigt

Kolumne von Viktoria Großmann

Alles wurde über die Deutsche Bahn schon gesagt und von jedem. Üblicherweise nichts Gutes. Manchmal vergisst man über dem ganzen Beschwerdetum, dass Zugfahren auch Spaß machen kann. Etwa wenn der Zug durchs Dachauer Hinterland rauscht, erst noch über das sonst uneinsehbare MD-Gelände hinweg, dann hinaus ins Grüne.

Wenn man nun der Deutschen Bahn außer ihrem Hang zur Zeitvergessenheit noch etwas vorwerfen will, dann meist ihren nicht übermäßig großen Drang zur Kommunikation. Unpünktlich und maulfaul: Wer solche Mitarbeiter hat, behält sie nicht lange. Groß allerdings ist die Mitteilung nun schon, welche die Bahn für Florian Hartmann hat. "Lieber Bürgermeister, holen Sie die Zugtaufe zu sich nach Hause", steht auf einem Werbeplakat am Bahnhof Dachau. Die Bahn will nämlich einen neuen Zug auf die Gleise zwischen München und Nürnberg setzen. Nein, keine neue Verbindung. Sondern genau einen neuen Zug. Der braucht einen Namen. Und warum sollte der nicht Dachau lauten?

Ganz einfach: Weil ein Riesenplakat hinter dem sich die Aufforderung verbirgt, eine Internetseite aufzusuchen, auf der auch nichts weiter steht, soviel wert ist wie eine vernuschelte Durchsage des Inhalts "Unsere Weiterfahrt verzögert sich auf unbestimmte Zeit". Außerdem gehört es sich natürlich nicht, einen Oberbürgermeister mit "Lieber Bürgermeister" anzureden. Man kann nur hoffen, dass die Bahn im Brief, der laut Presseabteilung versendet wurde, die korrekte Anrede gewählt hat. Wer nun bis zum 3. August etwas total Kreatives veranstaltet und per Video dokumentiert, bekommt Zugtaufe und Party geschenkt. Einsendeschluss für die Clips ist der 2. September. Eine zackige Forderung von einem Betrieb, der nicht für Zackigkeit bekannt ist. Immerhin soll der neue Zug bis zu 160 Kilometer in der Stunde fahren. Wann soll er denn eingesetzt werden und wann könnte die Party steigen? Klare Aussage der Bahn: "demnächst".

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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