Mitten in Dachau:Umfragen und andere Irrtümer

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Ja, die Kommunikation mit dem Kunden ist eine Kunst für sich

Von Petra Schafflik

Auf ewig werden die 67 Einwohner des Dachauer Stadtteils Lohfeld ohne einen Gasanschluss bleiben - und sie sind selbst schuld daran, schließlich haben nur sieben von 25 Haushalten den Stadtwerken ihr Interesse an dieser umweltfreundlicheren Energieversorgung mitgeteilt. Dies erklärte der technische Werkleiter Robert Niebel im Werkausschuss des Stadtrats. Völlig klar: Bei dieser schon beleidigend geringen Nachfrage wäre der Bau einer Erdgasleitung in den Ort am Ende der Dachauer Welt für 150 000 Euro einfach nicht wirtschaftlich. Die Stadträte entschieden folgerichtig: Das Vorhaben ist gestorben. Basta. Sollen die Lohfelder doch mit Heizöl oder Tannenzapfen heizen.

Aber wie so oft im Leben liegen die Dinge komplizierter. Wäre da nicht die Überparteiliche Bürgergemeinschaft (ÜB), die Lohfelder wären völlig zu Unrecht als sture Abweichler μund Separatisten in die Stadtgeschichte eingegangen. Stadtrat Peter Gampenrieder machte in einer E-Mail an Werkleitung und Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) deutlich, dass die geringe Resonanz auf die Befragung auf einem Missverständnis beruhen könnte. Die Lohfelder sind nämlich in die Irre geführt worden. Im Brief der Stadtwerke hieß es: "Im Frühjahr hat der Werkausschuss beschlossen, dass nunmehr auch der Stadtteil Lohfeld an das lokale Erdgasnetz angeschlossen werden soll." Auch der Baubeginn wird für Juli avisiert. Gleichzeitig wird in dem Schreiben unter dem Betreff "1000 Euro sparen!" mit einem Rabatt geworben, "wenn Sie sich bis 25. Juni grundsätzlich für einen Erdgasanschluss entscheiden". Ein missverständlicher Text, kritisiert nun Gampenrieder. Denn die Formulierung suggeriere, dass der Anschluss auf jeden Fall komme und wer sich nicht sofort entscheide, später immer noch nachziehen könne - dann freilich ohne Bonus. Damit erklärt sich der ÜB-Stadtrat das "vergleichsweise geringe Interesse". Die Stadtwerke hätten halt ein konkretes Interesse abfragen müssen.

Ja, die Kommunikation mit dem Kunden ist eine Kunst für sich. So sind die Abrechnungen der Strom- und Heizungskosten schon ein Rätsel. Transparenz ist für ein Wirtschaftsunternehmen, auch ein kommunales, nicht immer so einfach - wegen Betriebsspionage und Konkurrenz. Wie viele Lohfelder mitziehen müssten, damit die Erdgasleitung wirtschaftlich wird, mochten die Stadtwerke denn auch nicht sagen. Denn auf Angaben über die Wirtschaftlichkeitsberechnungen spechten die Münchner Stadtwerke doch nur. Die ÜB fordert jedenfalls, in Lohfeld noch mal nachzufassen und die angeblichen Abweichler ins Versorgungsnetz zu holen.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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