Mitten in Dachau:Therapie mit Steckerlfisch

Lesezeit: 1 min

Einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt diese Apotheke. (Foto: Viktoria Großmann)

An konkreter lebenspraktischer Hilfe kaum zu übertreffen ist die Ahorn-Apotheke in Dachau. Zumindest nicht am Aschermittwoch

Von Viktoria Großmann

Apotheker stehen hinter ihren Tresen dem menschlichen Leid von jeher näher als die Ärzte in ihren von übervollen Wartezimmern abgeschirmten Behandlungsräumen. Ein offenes Ohr, ein verständnisvoll gesenkter Blick, eine angesichts ärztlichen Rats skeptisch gehobene Augenbraue, dann ein wissendes Nicken. In älteren, nennen wir sie traditionellen Apotheken verschwindet die Pharmazeutin oder der Fachmann nun, die Hände in die Taschen des weißen Kittels vergraben, den Kopf nachdenklich geneigt in den geheimnisvollen hinteren Räumen. In modernen Geschäften wird ein Knopf gedrückt und von irgendwoher saust eine Schachtel heran. Mit Nachdruck wird sie auf die gläserne Tischplatte gelegt: Hier steckt die Rettung drin.

Apothekenhilfe ist lebensnah und praktisch, nicht umsonst hat ein Apotheker die Cola erfunden. Für viele bis heute die tägliche Rettung aus dem einschläfernden Arbeitsalltag. Früher durften die Drogisten sogar LSD verkaufen, es sollte bei psychischen Erkrankungen helfen. Heute stellen serviceorientierte oder schlicht aufmerksame Apotheker dem Kunden bei akuten Kopfschmerzen immerhin noch ein Glas Wasser hin und ohne das obligatorische Päckchen Taschentücher aus grauem Recycling-Zellstoff wird keiner den Laden verlassen.

Am Aschermittwoch werden in den Apotheken Kopfschmerzmittel gefragt sein, bald gefolgt von diversen Entwässerungs-, Entgiftungs-, Entschlackungs-, Entfettungstabletten und -getränken. Schließlich ist Fastenzeit, der Frühling kommt und während der Arzt nur sagen würde: Essen's halt weniger, spricht der Apotheker: Da hab ich was für Sie. An konkreter und lebenspraktischer Hilfe wohl nicht zu übertreffen ist derzeit die Ahorn-Apotheke an der Schleißheimer Straße in Dachau. Der Mensch braucht ja am Aschermittwoch nicht nur Aspirin, er braucht auch eine Kater-Mahlzeit. Neben den Werbeplakaten für Erkältungsmittel verkündet ein Schild: Steckerlfisch mit kleiner Breze 9,50 Euro. Ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann. Omega-3-Fettsäuren inklusive! Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich zwar das "Bierhaisl" als Ausgabestelle. Doch wer würde es wagen, dem Rat seines Apothekers nicht zu folgen!

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: