Mitten in Dachau:Rosskur für Promis

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Warum brauchen Honoratioren Kutschen zum Volksfesteinzug? Es geht doch auch zu Fuß, meint ein Dachauer, und die Pferde würden es ihnen danken. Das Ponyreiten wurde schließlich schon verboten. Aber es gäbe Alternativen

Von Helmut Zeller

Im vergangenen Jahr haben Tierschützer das Ende des Ponyreitens auf dem Dachauer Volksfest erzwungen. Der entsprechende Beschluss gilt von 2016 an und hat Dachau bundesweit Anerkennung von Tierschutzorganisationen eingebracht. Aber die armen Tiere sind damit um den Wahnsinnsspaß gebracht worden, den ganzen Tag im Kreis herum zu laufen. Zumindest sah das die Fraktionsgemeinschaft von FDP und Bürger für Dachau (BfD) so; vielleicht auch deshalb, weil sie selbst - politisch gesehen - viel im Kreis herumläuft. Nun aber fordert ein Dachauer Bürger von Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), Befürworter des Ponyreitenverbots, "konsequentes Handeln": Auch beim Festeinzug vom Rathaus zur Thoma-Wiese sollen keine Pferde eingesetzt werden. "Honoratioren ist es zuzumuten, die kurze Strecke zu Fuß zu gehen und nicht in einer Kutsche chauffiert zu werden", schreibt Hans Eberhard, der "die Unsinnigkeit und die in ihrer Konsequenz scheinheilige Entscheidung" aufzeigen wolle.

"Mal schaun, ob Frau Hasselfeldt wirklich zu Fuß geht?" Eine unerhörte Provokation? Aber nein. Die Dachauer Bundestagsabgeordnete müsste doch gar nicht zu Fuß gehen. OB Hartmann, ein passionierter Radfahrer, könnte die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt auf die Stange oder den Gepäckträger nehmen; das wäre, nebenbei gesagt, für Sozialdemokraten ein hoffnungsfrohes Bild. Landrat Stefan Löwl (CSU) fühlt sich in seiner Dienstlimousine mit Blaulicht ohnehin am wohlsten; und den Volksfestreferenten Robert Gasteiger (FW Dachau) könnten Malweiber in einem Leiterwagen durch die Altstadt ziehen. Das wäre doch mal ein lustiger Volksfestauftakt. Aber: No way, sagt Josef Hermann, Hauptamtsleiter der Stadt. Diese Forderung sei "unangemessen", zumal die Pferde nur eine knappe Stunde lang im Einsatz sind. Die Stadt wird auf die drei Promi-Kutschen und zwei Brauereiwagen nicht verzichten. Doch die Altstadt ist laut Eberhard für ein Brauereigespann eine Zumutung. Dem stimmen wohl auch FDP und BfD zu, weil ja die artgerechte Kreisbewegung des Pferdes mit Honoratioren oder Bierfässern auf dem Buckel überhaupt nicht möglich ist. Vielleicht entsteht noch eine - ernsthafte - Debatte.

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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