Mitten in Dachau:Maß halten beim Mass halten

Lesezeit: 2 min

Die Saison der Volksfeste hat begonnen, dennoch gilt beim Autofahren die 0,5 Promille-Grenze. Ein Bergkirchener hat sie missachtet - und nicht nur ein bisschen

Kolumne von Viktoria Großmann

Zeit für etwas Spielverderberei zur Siedlerfestzeit. Wir trinken zu viel. Das heißt, viele von uns trinken viel. Einige viel zu viel. Die deutsche Hauptstelle für Suchtfragen attestierte im April dem gesamten Land ein Suchtproblem. Der Gesundheitsreport Bayern, der sich zuletzt 2016 mit dem Thema Alkohol befasste, nennt für den Landkreis Dachau eine geschätzte Zahl von 3100 Alkoholabhängigen zwischen 20 und 65 Jahren. Insgesamt ist der Alkoholkonsum zwar rückläufig, doch nahmen Exzesse unter Jugendlichen zu und auch die Zahl der Krankenhausfälle. Kaum verändert hatte sich über die Jahre die Zahl der Süchtigen, stellte das bayerische Landesamt für Gesundheit vor drei Jahren fest.

Schaut man sich die Meldungen der Polizeiinspektion Dachau an, möchte man tatsächlich glauben, dass die Landkreisbewohner nicht zögerlich sind, beschwipst noch Auto zu fahren. Vielleicht liegt es am lahmen Nahverkehr. Fast täglich teilen die Polizisten Blutentnahmen und Führerscheinentzug mit. Am Freitagmorgen um 9.15 Uhr zogen die Polizisten einen 40-Jährigen aus Bergkirchen aus dem Verkehr, der mit 3,14 Promille durch die Münchner Straße in Dachau fuhr. Ein Wert, bei dem die meisten Menschen bewusstlos im Krankenhaus liegen würden. Den Mann erwartet ein Strafverfahren. Um seinen Führerschein wieder zu bekommen, müsste er nachweislich von seiner Sucht loskommen.

Doch Polizeioberkommissar Stefan Reichenbächer hat viel Erfahrung und die entsprechende Gelassenheit. "Es wird lang nimmer so vui gsoffn wie früher", stellt er fest. "Früher fielen uns die Leute aus den Autotüren entgegen." In den Achtzigern oder noch frühen Neunzigern. Reichenbächer sieht da "einen starken Wandel". Alkohol am Steuer sei "nicht mehr akzeptiert". Man kratzt sich am Kopf und fragt sich, wann das je akzeptiert war. Ein bisschen stolz ist der Polizeioberkommissar wohl schon darauf, dass zu diesem Wandel "der starke Verfolgungsdruck" beigetragen hat. Sprich, Polizeikontrollen und entsprechende Strafen. Wer immer mit mehr als 0,5 Promille erwischt wird, muss das Auto sofort stehen lassen. Ab 1,1 Promille wird eine Blutentnahme angeordnet und der Führerschein direkt einbehalten. Wer mit 1,6 Promille und mehr noch fahren kann, ist offensichtlich ein Gewohnheitstrinker und kann sich auf eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung einstellen. Die Statistik gibt Reichenbächer recht: Die Zahl der Autounfälle unter Alkoholeinfluss geht zurück. Andererseits fiel neulich in Hilgertshausen ein betrunkener Bauer mit seinem Traktor um, auch zwei Fahrradfahrern musste die Polizei aufhelfen. Alle erwartet der Führerscheinentzug. Promillegrenze hin oder her, es gilt die Spielverderber-Faustregel: Nur soviel trinken, dass man noch unfallfrei nach Hause gehen (!) kann. Und nein, sich auf der Amper nach Hause treiben zu lassen - wie von Volksfestbesuchern auch schon versucht wurde - ist keine sichere Methode.

© SZ vom 09.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: