Mitten in Dachau:Kein Weg führt an der CSU vorbei

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Bis zum Bürgerbüro der Partei kommt man bequem über glatte Trittplatten. Dahinter wird es holprig in Dachau

Kolumne von Christiane Bracht

Alle Wege führen nach Rom, das weiß jeder. Gerade im katholischen Bayern besteht daran kein Zweifel. Schließlich ist der Papst die wichtigste Instanz. Aber in Bayern gibt es auch noch eine andere Binsenweisheit, und die hat mit der weltlichen Macht zu tun: Kein Weg führt an der CSU vorbei. Es ist ein offenes Geheimnis: Wer etwas erreichen möchte, geht zu den Christsozialen. Dort, so glauben viele, können ihre Wünsche am leichtesten erfüllt werden. In vielen Orten hat die Partei die Mehrheit in den Gemeinde- oder auch Stadträten, um etwas durchzusetzen. Da ist es nur folgerichtig, dass sich die CSU als Volkspartei präsentiert.

Und seit die SPD kaum mehr die 20 Prozent, bei der vergangenen Wahl sogar nicht mal mehr die zehn Prozent schafft, triumphieren Markus Söder, Horst Seehofer und mit ihnen alle Parteifreunde. "Die CSU ist die letzte verbliebene Volkspartei", hörte man monatelang. Jetzt ist dieser Ruf ein wenig verstummt. Statt Selbstbewusstsein und Stärke spürt man plötzlich Nervosität. Die Europawahl lief nicht ganz so, wie die Schwarzen es sich vorgestellt hatten. In München kam die CSU nur noch auf 26,9 Prozent, in Dachau erreichten sie zwar mehr als 40, aber bei der Landtagswahl im Herbst waren es auch nur 35 Prozent gewesen. Satte Mehrheiten sind nicht mehr selbstverständlich, der Titel Volkspartei wackelt mächtig. Kein Wunder also, dass hinter den Kulissen gerungen wird.

Die Nervosität ist aufmerksamen Beobachtern nicht entgangen: Die Tür des CSU-Büros in der Dachauer Altstadt steht jetzt viel öfter sperrangelweit offen. So als wolle sie jedem Passanten zurufen: Bitte eintreten. Zum Glück ist der Weg dorthin nicht so holprig wie in der übrigen Altstadt. Rollstuhlfahrer, Gehbehinderte, Mütter mit Kinderwagen und hübsche Frauen mit Stöckelschuhen können ganz problemlos von der Konrad-Adenauer-Straße zum Büro hinabsteigen. Karrierebewusste Herren mit feinen Lederschuhen natürlich auch. Es ist einer der wenigen Wege in der Altstadt, der durch besonderes, trittsicheres Pflaster eingeebnet wurde. Allerdings endet er etwas abrupt. Es wirkt fast so, als wäre der regierenden SPD da etwas durch die Lappen gegangen. Denn es ist ein typisch bayerischer Weg: Er führt nicht an der CSU vorbei.

© SZ vom 12.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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