Mitten in Dachau:Kampagne mit Herz

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Statt Weiß trug man in der Kardiologie des Dachauer Klinikums Rot. Die Aktion diente einem guten Zweck. Und sie inspiriert zu weiteren Aktionen

Kolumne von Gregor Schiegl

Vor einigen Tagen sah es so aus, als hätte eine kommunistische Aktivistengruppe die kardiologische Abteilung des Helios Amper-Klinikums Dachau in ihre Gewalt gebracht. Statt Weiß trugen die Mitarbeiter Rot: rote Hemden, rote T-Shirts, manch einer - Gott bewahre - vielleicht sogar rote Socken. Es handelte sich allerdings nicht um einen Umsturzversuch gegen turbokapitalistische Strukturen im Gesundheitswesen, sondern um eine publikumswirksame Aktion der American Heart Association. Am "Zieh-etwas-Rotes-an-Tag" habe man auf die hohen Zahlen von Herzerkrankungen aufmerksam machen wollen, erklärt Privatdozent Bernhard Witzenbichler, Chefarzt Kardiologie und Pneumologie am Helios Amper-Klinikum Dachau - und zwar gerade bei Frauen: "Viele Menschen gehen auch heute noch davon aus, dass Herzerkrankungen wie zum Beispiel Herzinfarkt oder Herzschwäche nur Männer betreffen."

Schuld an diesem populären Irrtum ist sicherlich auch Herbert Grönemeyer, der den Herzinfarkt in seinem populären Lied "Männer" als etwas Urmaskulines beträllert: "Männer können alles, Männer kriegen 'nen Herzinfarkt." Männer leiden am Herzinfarkt ja auch besonders männlich: mit starken Schmerzen im Brustbereich, während sich der Infarkt bei Frauen oft eher durch ein unspezifisches Druck- oder Engegefühl in der Brust bemerkbar macht. Das macht die Sache nicht minder gefährlich, im Gegenteil, die Betroffenen erkennen die Alarmzeichen oft erst viel später. "Frauenherzen erkranken anders", heißt es in einer Pressemitteilung des Amper-Klinikums.

Das ist eine so poetische Formulierung, dass man sich wünschte, irgendein Barde könnte diese Zeile im Dienste des Guten baldmöglichst in einen gefühligen Song einflechten, etwa so: "Ich weiß, du liebst mich nicht, du liebst nur Pandas. Frauenherzen erkranken anders." Alle, die diese Forderung unterstützen, sind an diesem Montag aufgerufen, frische Unterwäsche anzuziehen zu unserem neuen Aktionstag, dem "Fresh Underwear Wear Day". Wir rechnen mit einer überwältigenden Beteiligung.

© SZ vom 04.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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