Mitten in Dachau:Hindernisse überall

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Derzeit scheint vielen Menschen in Dachau irgendetwas im Weg zu sein. Seien es Schranken oder Hecken. Nicht ärgern und immer versuchen, das Beste daraus zu machen. Wie kürzlich die Firma Autoliv, die jede Menge Herumstehendes für einen guten Zweck versteigert hat

Kolumne von Viktoria Großmann

Merkwürdige Dinge geschehen in Dachau. Überall ist den Menschen irgendetwas im Weg. Die Schranke am Tiefen Graben wurde abgesägt und im angrenzenden Bach entsorgt. Kunstwerke werden mit roher Gewalt attackiert. Und aus einigen privaten Gärten blüht und grünt es im August, diesem üppigsten aller zwölf Monate, so überbordend, dass sich die Stadtverwaltung genötigt sieht, Grundstückseigentümer auf das bayerische Straßen- und Wegegesetz aufmerksam zu machen. Laut diesem müssen Bäume und Sträucher so zugeschnitten werden, dass vorbeigehende Fußgänger und Radfahrer nicht vom Blattgrün behindert werden.

Gerade die eigentlich stillen Schulferienmonate werden ja oft für jene, die sich nicht gerade trotz Stau, Zugverspätungen und Flugausfällen ihren Weg an einen Urlaubsort gebahnt haben, für jene Hiergebliebenen also zum einzigen Hindernislauf. Baustellen, Umleitungen und S-Bahnen, die nun sogar fahrplanmäßig nicht mehr fahren oder jedenfalls nicht dorthin, wo man hinwill. Zum Hauptbahnhof zum Beispiel. An den Wochenenden wird es nachts sogar ganz still auf den S-Bahn-Gleisen, dann fährt die S2 nur ab und zu bis Allach. Nur die Menschen in Obermarbach wird das nicht beruhigen, denn der ICE rauscht trotzdem vorbei und bringt die Gläser im Schrank zum Tanzen. Nicht zuletzt ist auch das Volksfest aus verkehrlicher Sicht ein einziges Hindernis, das ein großräumiges Drumherumfahren verlangt.

Auch dem Autozulieferer Autoliv war kürzlich einiges im Weg, nachdem die Firma in Dachau ihre Airbag-Produktion eingestellt hatte. "Unzählige Dinge aus Büros und Werkhallen, für die es nun keine betriebliche Verwendung mehr gibt", so teilt die Firma mit, wurden unter den Mitarbeitern versteigert. Vom Bilderrahmen bis zum Flipchart. Den Erlös von 2700 Euro spendete die Firma an die Dachauer Tafel und an das Tierheim. Das immer wieder Tiere auch deshalb aufnehmen muss, weil die kleinen Pelzträger von ihren Menschen plötzlich als störend empfunden werden. Am Beispiel Autoliv-Auktion zeigt sich in kalenderspruchartiger Wahrheit, dass man, wenn es irgendwie geht, versuchen sollte, das Beste aus Im-Weg-Herumliegendem zu machen. Also aus Überflüssigem Geld für einen guten Zweck. Einem frech ins Gesicht hängende Pflaumenzweige sollte man zur Strafe ratzeputz abernten. Wünschenswert wäre auch, wenn Menschen Unbekanntes weniger als Hindernis wahrnähmen, sondern sich einfach mal daran erfreuten. An den Werken der KVD-Ausstellung "Raus" zum Beispiel.

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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