Mitten in Dachau:Feier der Dahoamität

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Was Bayern besonders gut können: Zuhause sein. Selbst wenn sie die Grüne Woche in Berlin besuchen stellen sie ihr ganz besonderes Heimatgefühl aus. So ist der Landkreis Dachau überall dahoam

Kolumne von Gregor Schiegl

Früher war mehr Völkerwanderung. Die Sachsen machten rüber nach England, durch den westlichen Mittelmeerraum zogen die Vandalen wie eine Horde Ultras, wobei einiges zu Bruch ging, und nach der feindlichen Übernahme des siechen Imperium Romanum durch die Goten schaute auch noch die hunnische Verwandtschaft aus der zentralasiatischen Steppe vorbei. Inmitten dieses Durcheinanders saßen die Bajuwaren auf ledernen Hosenböden in ihren Alpentälern und erfreuten sich des Anblicks glücklich muhender Kühe. Der Bayer war schon immer standorttreu, ein bodenständiger Gefühlsmensch, früher kniestrumpfiger Lokalpatriot, jetzt biodynamischer Retro-Romantiker, der am liebsten in Häusern wohnt, die wie Skihütten aussehen. Dafür gibt es den vom BR-Moderator Christoph Süß geprägten Terminus bavaricus "Dahoamität".

Diese Dahoamität ist auch das Erfolgsrezept der BR-Heimatserie "Dahoam ist dahoam". Auf einem alten Industriegelände in Dachau-Ost stehen die Kulissen des fiktiven Ortes Lansing. Auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin zeigt Landrat Stefan Löwl nun, wo "Dahoam is Dahoam" wirklich dahoam ist: in seinem Land- und Wirkungskreis Dachau. "DAHoam zwischen Dorf und Metropole" wird Dachaus Speckgürteldasein galant umschrieben. Schauspieler der Serie geben am Messestand des Landkreises am 20. Januar Autogramme. Vertreten sind die natürlichen Autoritäten eines bayerischen Dorfs, der Brunnerwirt (Holger M. Wilhelm), der Pfarrer Brandl (Ferdinand Schmid-Modrow) und der Landrat Lorenz Schattenhofer (Werner Rom).

Wer abends nicht rechtzeitig dahoam ist, um "Dahoam is dahoam" anzuschauen, dem sei verraten, dass der Schattenkofer Lorenz aus der Serie nicht nur Landrat, sondern auch der größte Bauer von Lansing ist. So viel Dahoamität kann Dachaus Landrat nicht aufbringen. Er ist Verwaltungsjurist aus dem Badischen, eine Schaufel nimmt er höchstens für ein Foto beim Spatenstich in die Hand. Gemeinsam sind Dachau und Lansing allerdings, dass Heimatminister Markus Söder ab und an gut gelaunt durch die Kulissen stapft, um dahoamige Bilder für die dahoamigen Wähler zu generieren, auf dass sie am Wahltag nicht dahoam bleiben, sondern ihr Kreuzchen bei der CSU machen. Dahoamität bedeutet nämlich vor allem eines: wohlige Beständigkeit in einer zunehmend unruhigen Welt.

© SZ vom 05.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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