Mitten in Dachau:Die Bierschutzpartei

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Endlich verschwenden die Grünen ihre Energie nicht an einem Nischenthema, sondern kümmern sich um ein Problem, das wirklich alle angeht: Ein Konzerne will uns das Bier stehlen

Von Viktoria Großmann

Die Politik der Grünen ist ja per se für alle Erdenbewohner wichtig. Schließlich lässt sich das grüne Grundsatzprogramm in etwa auf den Nenner "Erhaltung der Welt" bringen. Im Bundestagswahlkampf punkten sie derzeit damit nicht so richtig, weil im Moment beim Thema Erhaltung der Welt alle mehr an Terrorismusbekämpfung und Benimmkurse für amerikanische Präsidenten denken statt an Eisbären und Mischwaldaufforstung. Deshalb legt nun die Dachauer grüne Basis richtig los und erschließt sich eine neue, sehr vielversprechende, letztendlich größere Ziel- und Wählergruppe als den Menschen an sich: den Biertrinker. Bier geht alle an. Vom Bayern bis zum Igel, der Bierfallen für Nacktschnecken ausschleckt.

"Mit einem Brauereigespann und Blasmusik", so teilt Grünen-Kreisrätin Marese Hoffmann mit, demonstrierten am Mittwoch vor dem Europäischen Patentamt (Epa) in München "Aktivisten von Campact und vielen Organisationen wie der Katholischen Landjugend, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, BUND, Misereor, Vertretern kleiner Brauereien und vieler anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen" gegen ein Patent auf Braugerste. Ein solches will sich allen Ernstes der drittgrößte Brauereikonzern der Welt, Carlsberg, sichern. Am Mittwoch endete die Einspruchsfrist. Das Epa entscheide immer wieder im Sinne von Großunternehmen, weil es durch Patentgebühren finanziert werde, so argumentieren Skeptiker. Bei einem Patent auf Braugerste handle es sich, das werden alle Bierliebhaber bejahen, um "ein Patent auf Leben", so erklärt Hoffmann. Solche sind in der EU verboten. Eigentlich.

Damit es so bleibt, streiten die Grünen mit Plakaten, Unterschriften, weiß-blau bemützten Pferden, viel Gefühl und immer unter Einbeziehung sämtlicher Weltanschauungen: "Braugerste ist nicht die Erfindung von Carlsberg, sondern ein Geschenk der Natur oder Gottes und das muss es auch bleiben", schreibt Hoffmann abschließend. Wer auch immer also diese Welt nun erschaffen hat: Sie muss erhalten werden. Am Ende tragen Braugerste und Bier zu ihrem Fortbestand vielleicht auch mehr bei als eine Erhöhung der Verteidigungsetats.

© SZ vom 08.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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