Mitten in Dachau:Das Rätsel des verlorenen Schuhs

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Ein herrenloser Schuh an der Amperbrücke wirft Fragen auf

Kolumne von Thomas Radlmaier

Es gibt ja viele blöde Sprüche. Einer der blödesten, der nur ganz besonders schlauen (blöden) Sprüchemachern einfällt, ist vielleicht dieser: Ein Unglück kommt selten allein. Das heißt: Wenn es im Leben gerade schlecht läuft, dann kommt es bald richtig knüppeldick. Für jemanden, der sich in einer misslichen Lage befindet, ist die Redewendung ungefähr so aufbauend wie ein Regenschauer bei einer Beerdigung. Dabei stimmt die Redewendung gar nicht. Denn dass ein Unglück sehr wohl gewissermaßen singulär auftreten kann, zeigt diese Geschichte.

Es geht um Schuhe, besser gesagt, um einen Schuh. Er stand einsam ein paar Tage lang am Straßenrand an der Amperbrücke in der Dachauer Martin-Huber-Straße. Dem Vernehmen nach handelte es sich um einen Herrenschuh. Der Grund für diese Annahme ist nicht, dass auf dem blauen Slipper ein großes goldenes "H" eingenäht war, sondern weil er so groß war, dass er mutmaßlich einem großen Mann mit Quadratlatschen gehört. Doch die eigentliche Frage ist: Wo ist der andere Schuh? Wie kann man einen Schuh verlieren? Man kann es sich nicht erklären.

Man recherchiert (also man googelt nach "herrenloser Schuh Straße"). Und man stößt auf mehrere Zeitungsartikel. Die Überschriften lauten beispielsweise: "Deshalb findet man immer wieder einzelne Schuhe" oder "Das Geheimnis herrenloser Schuhe". Diese liegen besonders oft auf Seitenstreifen von Autobahnen. Es gibt die wildesten Theorien zu diesem Phänomen. Sind das die Überbleibsel grausamer Unfälle? Oder die Folge eines heftigen Pärchenstreits im Auto, wenn nicht nur die Fetzen fliegen, sondern auch die Schuhe aus dem Fenster? Ein Experte vom rheinland-pfälzischen Landesbetrieb klärt: Er vermutet, dass die Menschen bei längeren Fahrten an Raststätten die Schuhe wechseln und das ausgezogenen Paar auf dem Dach des Autos vergessen. Dann fahren sie los. Und je nach dem wie viel Grip die Sole hat, halten sich die Schuhe oder fallen runter. Manchmal steht nur noch ein Schuh auf dem Dach, der andere liegt im Graben, oder an der Amperbrücke. Was für ein Unglück!

© SZ vom 03.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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