Mitten in Dachau:Das Kreuz mit dem Kreuz

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Der Erlass des Ministerrats? Nichts anderes als ein Schuss ins Knie

Kolumne von Viktoria Großmann

Bayern hat nun ein neues Polizeiaufgabengesetz und viele Menschen haben etwas gelernt: Nämlich dieses Wort und dass Bayern mal wieder sicherer und besser sein will als alle anderen und dabei auf Proteste und Kritik pfeift. Also nicht Bayern, sondern die CSU. Was, auch wenn die Partei das gerne hätte, noch immer nicht ganz dasselbe ist. Vielleicht aber tritt ja diese "drohende Gefahr", die in Zukunft für Präventivschläge der Polizei ausreichen soll, gerade weil sie so schön unkonkret ist, als Grund niemals ein. Sehr konkret aber ist die Anweisung in der allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern, "im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ... als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns deutlich wahrnehmbar ein Kreuz ... anzubringen", so heißt es in der Mitteilung der Staatskanzlei. "Gemeinden, Landkreisen und Bezirken wird empfohlen, entsprechend zu verfahren" und zwar von 1. Juni an. Also an diesem Freitag.

Und nun? Zwei Dachauer Stadträte hatten sich schon beeilt, die Stadt darauf hinzuweisen, dass so ein Kreuz-Gebot mit der deutschen Glaubens- und Gewissensfreiheit überhaupt nicht vereinbar ist und unbedingt missachtet werden müsse. Im Sinne der Toleranz. Nun könnte man einwenden, wer tolerant ist, muss ja nicht hinschauen. Man könnte aber auch sagen: der Erlass des Ministerrats ist ein Schuss ins Knie. Man muss nämlich erstens braven Bayern nichts verordnen, was sie ohnehin schon tun. Zweitens ist nichts unsichtbarer und damit wirkungsloser als das Alltägliche.

Nicht nur im Dachauer Rathaus hängt bereits seit geraumer Zeit und nahezu in Lebensgröße ein Kreuz im Foyer. Nur schaut kaum einer zu ihm auf. Weil Menschen im Rathaus eben weltliche Hilfe suchen. Familienbucheinträge, Bauanträge. Erst, wenn der Vorbescheid zum fünften Male nicht ergangen ist, mag der eine oder andere göttlichen Beistand suchen. Den dann aber in der Kirche. Es ist oft am besten, alles da zu lassen, wo es hingehört. Die Glaubensfreiheit in den "Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern", das Kreuz über dem Altar, den Bauantrag im Rathaus und die Kirche im Dorf.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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