Mitten in Dachau:Betrachtungen im Stockfinstern

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Wenn man nachts die Hubertreppe in Dachau hinunterläuft und unerwartet die Straßenlaternen streiken, hilft nur noch eins: Pfeifen. Oder die Stadtwerke anrufen

Kolumne von Viktoria Großmann

Die Hubertreppe in Dachau, eingeschlossen das kleine Wegstück über den Bach, ist ein lauschiger, idyllischer, ruhiger, unerwarteter, kurz, ein besonderer Ort in der Stadt. Die 96 Stufen mit ihren Eichhörnchen, Singvögeln, dem üppigen Grün und den üppigen Katzen, den drahtigen Sportlern, welche die Stufen hoch und runter hetzen oder sich auf Fahrrädern hinabstürzen - das ganze kleine Freizeit- und Tierparadies ist daher schon oft und vielstimmig an dieser Stelle besungen worden.

Neu ist, dass die Hubertreppe auch zu einem schaurigen Ort werden kann. Seit einiger Zeit ist es um die Beleuchtung nicht so gut bestellt. Am Dienstagabend gegen sechs Uhr fiel sie völlig aus. Die menschlichen Gewohnheitstiere nahmen natürlich trotzdem in beide Richtungen den üblichen Weg. Schwarze Schatten tappten da im Stockfinsteren aneinander vorbei, unsicher streckte man die Hand nach dem Geländer. Die Treppe wird im Winter leicht zu einer Eisbahn, auf dem schmaleren Teil taut alter Schnee vor sich hin. Man versucht, sich vorzustellen, wie das früher war. Also ganz früher, so ohne Laternen. Hüpfte man da pfeifend die Treppen herab, ging singend durch die Gassen, damit der Gegenverkehr gewarnt war?

Die Beleuchtung fiel auch entlang der Frühlingstraße aus. Das heißt, sie fiel eigentlich nicht aus. Sie ging nicht an. So erklären die Stadtwerke. Das System schaltet die Straßenlaternen in der Dämmerungszeit automatisch an. Am Dienstagabend aber weigerte sich das System. Bürger riefen die Stadtwerke an und die legten dann in ihrer Schaltzentrale von Hand den richtigen Hebel um. Spätestens eine Viertelstunde darauf waren die Straßen beleuchtet. Wenn es draußen nicht so ungemütlich gewesen wäre, hätte man die Zeit vielleicht einfach im Stockdunklen auf der Hubertreppe ausharren sollen. Abwarten, wie viele Schemen sich nach einiger Zeit doch im Finstern unterscheiden lassen. Bemerken, dass die Dunkelheit so gruselig nicht ist. Ungefährlicher wohl, als das viele künstliche Licht. Man hätte dazu ja leise ein Liedchen pfeifen können.

© SZ vom 31.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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