Mitten in Dachau:Asphalt gewinnt Wahlen

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Schön ist sie, die Dachauer Altstadt. Aber wenn man auf Krücken laufen muss, kann man sie kaum noch erreichen. Lieber Herr Oberbürgermeister, bitte tun Sie etwas für Ihre fußkranken Wähler!

Von Johannes Korsche

Schön ist sie, die Dachauer Altstadt mit ihren alten Häusern und kopfsteingepflasterten Gassen. Damit man sie noch besser sehen kann, liegt sie auf einem Berg. Vielleicht auch, damit die Stadtverwaltung von dort aus einen besseren Blick hat. Jedenfalls soll sie auch dort bleiben, so wünschen es die Stadträte, denn die Altstadt soll belebt sein. Nur wie lange wird sie das noch sein? Wie lange wird sie noch erreichbar sein für die Bewohner Dachaus? Also auch dann, wenn der Citybus mal wieder nicht kommt und man wegen einer Sportverletzung, oder auch schlicht wegen des Alters, auf Krücken laufen muss.

Bereits jetzt sind knapp 11 000 Dachauer über 60 Jahre alt. Bis 2032 werden es 16 000 sein. Gleichzeitig wird auf den Sportplätzen Fußball gespielt - trotz Verletzungsrisiko. Natürlich ist die Stadt nicht untätig. 70 Prozent der Bushaltestellen sind inzwischen barrierefrei. Damit führt die Kreisstadt vermutlich internationale Ranglisten an. Und vor dem Kulturamt ist ein Quadratzentimeter mit rutschfestem Pflaster ausgelegt - ein Test. Wenn dort im nächsten Jahr keiner hinfällt, wird noch mehr davon verlegt. So wie bereits jetzt an der Martin-Huber-Treppe. Dort wird ja eigentlich nur die Bachbrücke saniert, aber eben auch gleich das Pflaster vor der Brücke ausgetauscht. Das wäre also zu bewältigen. Aber wie den Aufstieg auf den 96 Stufen zur Altstadt schaffen? Mit Rollator? Gerade ein junger Oberbürgermeister sollte an viele weitere Wahlen denken. Ältere Menschen sind auch Wählerstimmen. Es müssen also auch in Ihrem Sinne bessere Lösungen her.

Lieber Herr Oberbürgermeister, helfen Sie Menschen auf Krücken, bitte lassen Sie gleich einen Treppenlift an der Martin-Huber-Treppe anbringen. Kennen Sie die Werbungen der einschlägigen Hersteller, in denen Senioren auf einem Treppenlift sitzend in die Kamera lächeln? Haben Sie jemals ein unglückliches Gesicht auf diesen Fotos gesehen? Wir auch nicht. Glückliche Gesichter sind glückliche Wähler. Auch das neue Kopfsteinpflaster kann nur eine Übergangslösung sein. Warum nicht gleich die ganze Altstadt asphaltieren. Denken Sie nicht an die Optik, denken Sie an den demografischen Wandel: Asphalt gewinnt Wahlen.

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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