Mitten im Stadtrat:Nach neun Monaten ist alles vergessen

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Ende 2019 regten sich Stadt- und Gemeinderäte über die hohe Kreisumlage. Jetzt neun Monate später sind die Wunden anscheinend verheilt

Kolumne von Julia Putzger

Eine viel zitierte Binsenweisheit lautet: Die Zeit heilt alle Wunden. Wer sie zu hören bekommt, verdreht nicht selten die Augen und denkt sich: "Was hilft mir das im Hier und Jetzt? Und wie viel Zeit soll bitte vergehen?" Tiefe Wunden reißen auch die alljährlichen Haushaltsberatungen in der Stadt Dachau, selten scheinen die Gräben zwischen den einzelnen Fraktionen im Stadtrat so tief. So auch im Dezember 2019.

Als der Kreistag beschloss - just zum selben Zeitpunkt, als die Stadträte über ihren Haushalt beratschlagten - die Kreisumlage von 47 auf 48 Prozentpunkte zu erhöhen, regte sich nicht nur in der Stadt, sondern in mehreren Kommunen des Landkreises Widerstand. Die Bürgermeister, allen voran deren Karlsfelder Sprecher, Stefan Kolbe (CSU), beklagten, dass die Gemeinden so keinen vernünftigen Haushalt mehr aufstellen könnten. Sie forderten deshalb, dass der Landkreis selbst stärker in die Verschuldung gehen solle. Bei all dem Protest ging man auch in der Stadt Dachau nicht davon aus, dass es tatsächlich bei den 48 Prozentpunkten bleiben würde. So wurde der städtische Haushalt unter der Annahme verabschiedet, dass weiterhin die geringere Kreisumlage fällig sei. Der Groll in der Dachauer CSU darüber war groß. Unter anderem kritisierte deren Fraktionsvorsitzender Florian Schiller, dass ein Haushalt "keine Wunschliste" sei, sondern den zu erwartenden Ausgaben entsprechen müsse.

Nun, als rund ein Dreivierteljahr später der Punkt "Kreisumlage an den Landkreis; überplanmäßige Bereitstellung von Haushaltsmitteln" im Haupt- und Finanzausschuss auf der Tagesordnung stand, zeigte sich Erstaunliches: Im Lager der CSU regte sich - nichts. Dass die Stadt rund 666 000 Euro mehr an Kreisumlage als eigentlich eingeplant an den Landkreis bezahlen muss, interessierte niemanden mehr, der Beschluss wurde einstimmig gefasst. So scheint zumindest auf einer der beiden eingangs gestellten Fragen eine Antwort gefunden zu sein: Im Dachauer Stadtrat müssen ungefähr neun Monate vergehen, um die Wunden zu heilen.

© SZ vom 26.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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