Mitten im Landkreis:Überleben im Verkehr

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Unfallflucht, Parkplatzstreit, Stinkefinger: Die Sitten auf den Straßen werden immer rauer

Kolumne von Robert Stocker

Die Zeiten werden härter und kälter in Bayern, und das hat nicht unbedingt etwas mit dem Machtkampf in der CSU oder dem Wintereinbruch zu tun. Pessimismus macht sich überall breit, die Angst vor einer ungewissen Zukunft im Land, obwohl es den meisten Menschen so gut geht wie nie. Es gibt Zeitgenossen, die ein Training zum Überleben buchen, um für den Tag X präpariert zu sein. Sie lernen, wie man mit Karte und Kompass umgeht, Feuer ohne Feuerzeug und Streichhölzer macht und Behelfsunterkünfte oder Erdlöcher baut. Das könnte im Ernstfall hilfreich sein.

Gut möglich, dass der ADAC bald ein Überlebenstraining für den Verkehr anbietet. Denn jeder Tag, an dem man heil nach Hause kommt, ist ein guter Tag. Es hätte nämlich genau so gut krachen können, wenn der Autofahrer, der die Vorfahrt missachtet, nur einen Moment später aus dem Feldweg biegt. Sich darüber aufzuregen, kann gefährlich sein: Der Stinkefinger ist das kleinste Übel in der Rüpelskala. Das Überlebenstraining des ADAC würde in dieser Situation vermutlich zum Ruhigbleiben raten. Wer sich im Stadtverkehr an Tempo 50 hält, muss mit dichtem Auffahren des Hintermanns rechnen. Oder mit der Lichthupe der Hinterfrau - die Damen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Es ist besser, beim Streit um einen Parkplatz nachzugeben. Erstens wird so der Verkehr nicht blockiert, zweitens erspart manch sich Schimpfkanonaden. Vielleicht auch eine Watschn durchs Seitenfenster. So ein Disput endet manchmal im Krankenhaus.

Jeder Tag im Straßenverkehr ist auch ein guter Tag, wenn das geparkte Auto bei der Rückkehr noch in dem Zustand ist, in dem man es verlassen hat. Eine Beule an der Stoßstange oder in der Autotür - was soll's, so ein Kollateralschaden ist heute an der Tagesordnung. Der Verursacher ist in der Regel über alle Berge. Er flüchtet, wenn er keine Zeugen wahrnimmt. Und von dem Aufprall hat er im Zweifelsfall sowieso nichts bemerkt. Selber schuld, wenn jemand neben ihm sein Auto parkt. Einer Frau ist es jetzt auf einem Bergkirchener Parkplatz tatsächlich gelungen, beim Ausparken dreimal ihren Hintermann anzufahren. Natürlich fuhr sie weiter, als sei nichts geschehen. Dafür kann es nur zwei Erklärungen geben. Entweder muss die Dame dringend das Rangieren auf Parkplätzen üben und ein effektives Fahrtraining absolvieren. Oder sie rammte das Auto des Hintermanns ganz bewusst, weil es der Wagen eines missliebigen Nachbarn war.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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