Wer das Stichwort "Jugendlicher" in Kombination mit "gutem Benehmen" bei einer Suchmaschine im Internet eingibt, bekommt Tausende von Hinweisen auf Seiten, die mit der hohen Schule der Umgangsform, dem Knigge, zu tun haben. Das meiste davon kind- bis teenagergerecht aufbereitet. Es geht zum Beispiel darum, beim Essen in Gesellschaft nicht zu schmatzen und sich auch nicht mit dem Hemdsärmel den Mund abzuwischen. Ein Jugendportal empfiehlt unter dem Titel "Knigge Tipps" darüber hinaus ganz konkret, dass man eine angebissene Semmel nicht in den Brotkorb zurücklegt und die Serviette nicht in den Kragen gehört, sondern auf den Schoß. Müttern und Vätern wird nahegelegt, ihren Kindern zu vermitteln, dass man Gesprächspartner ansieht, andere ausreden lässt und während einer Unterhaltung in die Armbeuge hustet.
Anhand der Knigge-Seiten für alle Fälle entsteht der Eindruck, dass man froh sein kann, wenn Kinder benimmtechnisch unfallfrei erwachsen werden. Anscheinend werden diese Anstrengungen nun belohnt, denn die Shell-Jugendstudie von 2016 fand heraus: Fast zwei Drittel der Jugendlichen legen großen Wert auf den Respekt vor Gesetz und Ordnung, viele wollen fleißig und ehrgeizig sein. Was Letzteres betrifft, erschließt sich aus der Unterhaltung zweier Buben in der S-Bahn nicht ganz. Ersteres haben die - schätzungsweise - Achtklässler aber verinnerlicht. Sagt der eine zu seinem Kumpel: "Du, ich habe gehört, dass du Ärger in der Schule bekommen hast." Fragt der andere: "Warum das?" - "Weil du zu deiner Lehrerin Schlampe gesagt hast." Antwort: "Das würde ich nie sagen, ich hab doch Respekt."