Mitten im Landkreis:Nicht Fisch, nicht Fleisch

Lesezeit: 1 min

Null Cent. So viel ist der Staatsregierung der Tierschutz wert. Aber auch andere schauen gerne weg, wenn es um das Leiden von Tieren geht

Von Helmut Zeller

Der Streit, ob Jesus ein Vegetarier war oder doch Fleisch aß, wird so bald nicht entschieden sein, auf keinen Fall mehr rechtzeitig zum Osterfest. Die einen wollen in Jesus den Kronzeugen fleischloser Ernährung erkannt haben - aufmüpfige Theologen, Tierschutzaktivisten, der ganze "feministische linksliberale Flügel" eben, den Landrat Stefan Löwl neulich in einem anderen Zusammenhang sogar in seiner eigenen Partei ausgemacht hat. Die anderen - eher biedere Theologen, die Verbände des Metzgerfachhandwerks und die Fischzuchtindustrie sowie der patriarchalische rechtskonservative Flügel nicht nur der CSU - halten das dagegen für einen ausgemachten Schmarrn. So denkt die Staatsregierung generell über den Tierschutz, der ihr jährlich ganze null Cent wert ist.

Am Karfreitag kommt jedenfalls Fisch auf den Tisch. Vor allem Lachs, weil er wegen der gesunden Omega-3-Fettsäuren so lecker schmeckt. Nur verderben einem die Tierschützer den Appetit: Die meisten Lachse stammen aus Aquakultur. In Massen zusammengepfercht, an Stress und Krankheiten leidend machen sie Schwimmbewegungen in einer gar nicht so gesunden Suppe aus Fäkalien, Nahrungsresten, Medikamenten und einer Kelle Meerwasser. Mund auf und Augen zu.

Zum Osterfest aber dann knuspriger Kaninchenbraten - 41 000 Tonnen Fleisch der putzigen Tiere mit Knopfaugen verzehren die Deutschen jährlich. "Während die Kinder auf den Osterhasen warten, fristen rund 25 Millionen Mastkaninchen in meist engen Drahtkäfigen ihr Dasein", sagen die Spaßverderber, die als Deutscher Tierschutzbund den Verbraucher doch nur gegen die Wirtschaft aufhetzen. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte rügt gar CDU/CSU und SPD, die im Bundestag ein Verbot verhinderten und weiter 50 Millionen männliche Küken nach dem Schlupf schreddern lassen. Die sind doch für die Landwirtschaft wertlos und gibt's auch als niedliche Gummitierchen für die Badewanne.

Im Landkreis Dachau kämpft Anton Kreitmair, CSU-Landtagsabgeordneter und oberbayerischer Bauernsprecher, auch gegen die feministischen Spinner der Europäischen Union. An ihrem Umgang mit dem Biber erkannte Kreitmair eine bedrohliche Entwicklung: "Der Biber ist geschützt, der Landwirt aber nicht." Nun kann man letzteren kaum unter Naturschutz stellen, deshalb: "Der Biber muss weg!" Tierschutzrechtlich und ethisch ist der maskuline Appell Kreitmairs nicht nur zum Osterfest ein bisschen problematisch. Vor allem halten die 94 Prozent der EU-Bürger, die laut einer Umfrage mehr Tierschutz in der Landwirtschaft fordern, rein gar nichts davon.

© SZ vom 24.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: