Es sind schwere Zeiten für Abhängige von Schoko-Bons und hochgradig Pralinen-Süchtige. Zu Hause, im stillen Kämmerlein, können sie zwar noch ungestört naschen und nachts in die Speisekammer schleichen, um sich einen letzten Schuss Smarties oder Kinder-Riegel zu verpassen. In der Öffentlichkeit aber ist das hemmungslose Naschen längst kein Spaß mehr. Im Gegenteil: Im Zeitalter von Yoga und ultragesunder Ernährung kommt sich der Süßigkeiten-Junkie geradezu ausgegrenzt vor.
Wer sich an einem Automaten am Dachauer Bahnhof mal eben einen Schokoriegel ziehen will, der erntet umgehend empörte, ja verächtliche Blicke. Isst man morgens in der S-Bahn ein Rippchen Schokolade zum Frühstück, so erweckt man einen so schlechten Eindruck, als hätte man sich zum Aufstehen eine Halbe Bier reingepfiffen. Viel angesagter ist heute nämlich, sich eine Tupper-Schüssel fein säuberlich geschnittener Gurkenscheiben und Paprikastreifen mit ins Büro zu nehmen. Viel Zucker, das hört man schließlich sehr häufig, ist Gift für den Körper. Er macht schlaff, antriebslos, müde, depressiv und krank.
Eine neue Studie legt nun allerdings nahe, dass die Zahl der Schokoladensüchtigen im Landkreis weitaus höher liegen könnte als gedacht und manch offizieller Schokoladengegner womöglich ein Heuchler und in Wahrheit ein Schokoladenliebhaber sein könnte. Denn laut der Studie der Gewerkschaft für Nahrung, Genuss und Gaststätten (NGG) in der Region München verspeisen die Bewohner des Landkreises Dachau im Jahr 1420 Tonnen Schokolade, was in etwa 59 Sattelschlepper-Lieferungen entspricht. Der einzelne Landkreisbewohner verzehrt nach Berechnung der Gewerkschaft somit 9,5 Kilogramm Schokolade pro Jahr, was wiederum 95 Tafeln in handelsüblicher Größe entspricht. Die Dunkelziffer der heimlich in den Landkreis eingeführten Lieferungen dürfte derweil deutlich höher liegen, da viele Bürger um jeden Preis verhindern wollen, beim Naschen ertappt zu werden. Vielleicht aber wäre das alles gar nicht nötig. Schokolade kann angeblich auch glücklich machen.