Mitten im Landkreis:Aufrüstung im Alltag

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Von High-Tech-Grills im Garten, überdimensionalen Gummitieren im See - der ganz normale Wahnsinn dieses Sommers

Von Walter Gierlich

Allenthalben ist Aufrüstung angesagt. Nein, wir sprechen jetzt nicht davon, dass der Wüstenkleinstaat Katar aus Deutschland 62 Leopard-Panzer geliefert bekommt, um etwa bei der Fußball-WM 2022 potenzielle Demonstrationen im Keim ersticken zu können. Auch nicht von der Nachrüstung der Bundeswehr mit flugtauglichen Hubschraubern und Gewehren, die nicht um die Ecke schießen, wenn es heiß wird.

Es geht vielmehr um Phänomene des Alltags. Dass beispielsweise ein Nachbar seinen Golf gegen ein drei Tonnen schweres Allradgefährt mit 320 PS eintauscht, um gegen alle Gefahren des Stadtverkehrs gewappnet zu sein. Und an einem lauen Sommerabend, wenn aus nahezu jedem Garten Grilldunst durch die Siedlung weht, zeigt ein Blick über den Zaun, dass Halsgrat und Thüringer nicht mehr auf dem kleinen silberfarbenen und fettverschmierten Rost gegart werden. Wo früher zwei Stücke Fleisch und drei Würstel in schwarze Kohlestücke verwandelt wurden, steht jetzt ein gasbetriebenes Hightech-Gerät in solchen Ausmaßen, dass eine ganze Hochzeitsgesellschaft versorgt werden kann - ohne dass auch nur ein Stück verkohlt.

Natürlich sitzt man bei so einer Grill-party nicht wie früher auf schlichten Holzklappstühlen oder gar Plastikho-ckern, sondern auf wuchtigem Mobili-ar, das jedem Wohnzimmer zur Ehre gereichen würde, wenn das denn groß genug dafür wäre.

Aufgeblasen wird auch am Badesee, in diesem Fall im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht nur die breite Brust der Stand-up-Paddler, die sich auf den Gewässern epidemisch verbreiten und immer so aussehen, als würden sie nach etwas Ausschau halten. Vor allem lässt einen die Menagerie an luftgefülltem Getier staunen, das sich zwischen den Schwimmern tummelt.

Kaum ist man einem großem Krokodil ausgewichen, nähert sich von hinten ein noch größerer schwarz-weißer Killerwal, gefolgt von einer Schildkröte. Ein abrupter Schwenk wird nötig, um nicht in die Fänge des gut drei Meter langen Hais zu geraten, der von rechts kreuzt. Nachdem es gelungen ist, noch einer Art Riesenhund zu entkommen, ist man glückselig, schließlich Geleitschutz zu bekommen - von einer Schar Enten. Ganz klein, ganz friedlich und ganz echt.

© SZ vom 11.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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