Masken:Wer bist du?

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Die Nürnberger Künstlerin Susanne Carl arbeitet mit Mitteln des Maskentheaters. (Foto: Marco Leibetseder)

Künstlerin Susanne Carl lädt die Dachauer zu einem spannenden Experiment ein

Interview Von Jana Rick

Masken haben die Menschen schon immer fasziniert. Man kann sich hinter ihnen verstecken oder in eine andere Rolle schlüpfen. Diese Gelegenheit bekommen am Wochenende auch die Dachauer bei einem Projekt der Künstlerin Susanne Carl aus Nürnberg. In der Neuen Galerie veranstaltet die ausgebildete Clownin und Maskenkünstlerin am letzten Tag der Ausstellung "Wo mein Hut hängt", am Sonntag, 22. Juli, von 15 bis 17 Uhr eine Porträtaktion mit einer sogenannten Charaktermaske. "Wer bist du?", fragt die Künstlerin in ihrem Projekt, bei dem sich die Teilnehmer die gleiche Maske, aber unterschiedliche Perücken aufsetzen. Dabei entstehen die verblüffendsten Bilder. Die Teilnehmer werden professionell fotografiert und erhalten für fünf Euro ihr Bild als Postkarte.

SZ: Frau Carl, die Porträtaktion haben Sie zum ersten Mal 2016 ausprobiert. Was reizt Sie daran?

Susanne Carl: Ich liebe den kreativen Austausch, der durch die Kunst entsteht. Bei diesem Projekt kann ich meine drei Leidenschaften zusammenbringen: die bildende Kunst, die darstellende Kunst, also das Maskentheater, und die Arbeit mit den Menschen. Vor allem der letzte Punkt ist mir sehr wichtig. Für mich ist Kunst Kommunikation.

Wie reagieren die Teilnehmer, wenn sie sich die Maske aufsetzen?

Ich fand den Prozess von Anfang an sehr ergreifend und ich glaube, es ging den meisten so. Denn die Menschen waren plötzlich so frei, sobald sie die Maske und die Perücke aufhatten. Jedem war es plötzlich egal, wie er aussieht, denn die Maske überdeckt Falten, Sommersprossen oder ähnliches. Man fühlt sich geschützt durch die Maske. Das Gesicht wird dem Ganzen entzogen, und die Teilnehmer hatten großen Spaß daran, fotografiert zu werden.

Erinnern Sie sich an eine Verwandlung, die Ihnen im Kopf geblieben ist?

Da war ein recht stämmiger Mann, der sich für eine blonde Perücke mit langen Haaren entschieden hat. Und plötzlich sah er total zierlich aus. Oder eine anfangs schüchterne Frau, die während des Fotografierens immer selbstbewusster wurde und am Ende sogar für das Foto ihre Füße auf den Tisch legte.

Die Maske bleibt bei allen dieselbe, aber nach welchen Kriterien suchen sich die Teilnehmer die Perücken heraus?

Manchmal erkennt man schon Verbindungen zur eigenen Frisur, aber meistens möchten die Teilnehmer mal ganz anders aussehen: Der Gepflegte nimmt die zerzauste Perücke, der Glatzköpfige die mit den langen blonden Haaren. Darum geht es ja: die Freiheit zu haben, mal etwas ganz anderes ausprobieren zu können.

Was möchten Sie mit der Aktion bezwecken?

Das ist eine gute Frage: Was ist der Zweck von Kunst? Eigentlich stand keine Zweckidee hinter dem Projekt. Aber vielleicht möchte ich zeigen, dass jeder Mensch gleich ist, denn mit der Maske hat jeder das gleiche Gesicht. Und doch sind die Menschen ganz unterschiedlich. Den meisten Betrachtern ist gar nicht aufgefallen, dass bei den Bildern die gleiche Maske verwendet wurde, so unterschiedlich waren die Ergebnisse.

Nach dem Foto-Shooting bekommt jeder Teilnehmer sein Foto als Postkarte mit nach Hause.

Genau, denn die Menschen sollen bei dem Projekt selbst Akteur sein. Eigentlich ist es ähnlich wie bei der heutigen Selfie-Kultur: Wir fotografieren uns immer öfter und das möglichst von der besten Seite. Ich habe gemerkt, dass die Teilnehmer die entstandenen Bilder wirklich lieben. Sie hängen sie sich in die Küche oder ins Wohnzimmer. So hat man immer ein Bild vor sich, ein ganz anderes Sein von sich selber.

Und welche von den 40 Perücken würden Sie persönlich auswählen?

(Lacht.) Ich habe alle Perücken einmal aufgesetzt. Ich probiere immer alle meine Aktionen selbst vorher einmal aus, damit ich weiß, wie es sich anfühlt.

Wie groß ist mittlerweile Ihre Sammlung an Maskenporträts?

Ich war mit dem Projekt schon in Amberg, in Fürth und in Krakau. Ich denke, es dürften mittlerweile insgesamt 200 sein. Ich hoffe, es werden noch mehr, wenn ich nach Dachau komme. Meine Vision wäre es, ein riesiges Gesellschaftsmosaik aus allen entstandenen Bildern zu entwerfen, damit man die Vielfalt sehen kann.

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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