Malerin Maria Langer-Schöller:"Sie hat dieses Dekorative"

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Kunsthistorikerin Jutta Mannes erklärt die Bedeutung der Dachauer Malerin Maria Langer-Schöller, die eine Schülerin von Hölzel und Matisse war. Weil ihre Großneffen in der Gemeinde Altomünster leben, zeigt das dortige Museum eine Retrospektive.

interview Von Wolfgang Eitler

Wer war Maria Langer-Schöller? Sie ein "Malweib" zu nennen, verbietet sich. Themenführungen und Untertitel zur Retrospektive im Museum von Altomünster suggerieren hier ein Lokalkolorit, indem sie sich krampfhaft an das vermeintliche Ambiente der Zeit der Dachauer Künstlerkolonie anbiedern. Aber Maria Langer-Schöller dilettierte nicht. Sie war eine ernsthafte Künstlerin, die in ganz Europa ausstellte. Kunsthistorikerin Jutta Mannes hat Leben und Werk der Dachauer Malerin erstmals erforscht und zeichnet das Bild einer Frau, die nur eines in ihrem Leben sein wollte: "Eine Künstlerin sein, mit Haut und Haaren." Ihre Forschungsergebnisse sind die wissenschaftliche Grundlage der aktuellen Ausstellung in Altomünster.

SZ: Frau Mannes, Sie haben sich als erste Kunsthistorikerin überhaupt mit Maria Langer-Schöller intensiv beschäftigt. Was für eine Frau war sie?

Jutta Mannes: Sie war eine typische Künstlerin ihrer Zeit, die aus gutem Haus kam. Aber sie war nicht, wie man den Malweibern vorgeworfen hatte, eine Frau, die Kunst als Zeitvertreib betrieb. Sie war von klein auf überzeugt, Künstlerin werden zu wollen. Und das wollte sie ihr ganzes Leben lang sein.

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(Foto: Museum Altomünster)

Für Kuratorin Jutta Mannes zählt das Stillleben mit Kapuzinerkresse von 1944 zu den schönsten Werken von Maria Langer-Schöller.

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(Foto: Museum Altomünster)

Gleiches gilt wohl für das Aquarell von 1920, das ihre Tochter Esther zeigt. Beide Bilder sind im Katalog zur Ausstellung abgebildet.

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(Foto: Gemäldegalerie Dachau)

Die Fotografie von Mutter und Tochter stammt aus dieser Zeit...

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(Foto: Gemäldegalerie Dachau)

...genau so wie die der Dachauer Villa. Am Sonntag, 24. Mai, 15 Uhr, findet eine Führung durch die Retrospektive im Museum Altomünster statt.

Sie ist also kein so genanntes Malweib gewesen?

Ich möchte diesen Begriff nicht auf sie anwenden. Es handelt sich da ja ohnehin um eine despektierliche Bezeichnung der Männer. Ich lege im Katalog dar, dass sie ihre Kunst mit großer Ernsthaftigkeit betrieben hat. Ausbildung und Werdegang zeigen - mit welchem Ehrgeiz und welcher Bedingungslosigkeit.

Wie erklären Sie sich den Zwiespalt im Leben der Maria Langer-Schöller. Ihre Kunst ist doch der Moderne zuzuordnen, und gleichzeitig ist sie NSDAP-Mitglied gewesen.

Kunsthistorisch betrachtet zählt ihr Werk nicht zu denjenigen, welche die Nationalsozialisten als "entartet" verurteilt hätten. Sie hat ein Leben lang gegenständlich gearbeitet. Ihre Kunst war aus Sicht der Nationalsozialisten unproblematisch. Auch von den Sujets her: Sie ist in den Themenkreisen geblieben, in denen sich die allermeisten Künstlerinnen damals bewegten: Tierdarstellungen, Porträts aus dem Familien- und Freundeskreis und Stillleben natürlich.

Was sagen Sie zur NSDAP-Mitgliedschaft?

Wie so viele Künstler in Dachau damals war sie dabei. Ich habe im Ausstellungskatalog dieses Mitläufertum bewusst sachlich dargestellt. Es war meines Erachtens eine Mischung aus Pragmatismus und Gutgläubigkeit. Es handelte sich um keine politische Überzeugung. Sie wollte weiterhin ausstellen, und das ging kaum ohne die Parteimitgliedschaft. Natürlich hat sie das später bereut.

Gefällt Ihnen die Malerei?

Ich finde, es gibt sehr schöne Arbeiten von ihr. Mir gefallen die frühen Holzschnitte ausgesprochen gut. Leider sind davon wenige erhalten. Und auch von den Stillleben gibt es ein paar schöne, sehr sorgfältige Kompositionen, sowohl was die Farben als auch was die Formen angeht.

Wegen der Leichtigkeit würde man sie als Matisse-Schülerin einordnen.

Ich glaube, dass Maria Langer-Schöller bei Matisse etwas kennenlernte, was in der Schule von Hölzel schon vorbereitet wurde, nämlich das Bild als Flächenform zu begreifen. Das ist das, was Hölzel seinen Schülern beizubringen versuchte, indem er sie beim Gang durch das Dachauer Moos durch dunkle Augengläser schauen ließ. Matisse geht mit seinem dekorativen Flächenstil natürlich noch weiter. Seine Bilder setzen sich aus farbigen Mustern zusammen. Was sie an seiner Malerei so faszinierte, war die leuchtende Farbigkeit. Davon waren viele deutsche Künstler begeistert.

Das Dekorative ist bei Maria Langer-Schöller von großer Bedeutung?

In vielen Stillleben hat sie dieses Dekorative. In den Tischdecken und den Tapetenmustern, den gemalten Blumen auf und in der Vase. Oft verschränkt sie mehrere Bildebenen miteinander. Manchmal verwendet sie hauptsächlich Primärfarben. Aber es gibt auch Beispiele, wo sie sich in aparten Farbzusammenstellungen auf Blau-, Braun- und Rottöne beschränkt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb ihr der künstlerische Erfolg versagt. Wie vielen anderen auch.

Eigentlich schon nach dem ersten. Er hatte wie für viele andere Künstler auch einen großen Einbruch bedeutet. Die so genannten Goldenen Zeiten - sie hatte zuvor bis nach London ausgestellt - waren plötzlich vorüber.

Zählt sie zur Generation der Verschollenen Maler, denen nach dem Zweiten Weltkrieg der Anschluss an die internationale Kunst nicht gelang?

Nein. Einfach, weil sie dieser Generation nicht angehörte. Sie ist 1878 geboren und nach dem ersten Weltkrieg war sie schon 41 Jahre alt.

In welchen Bildern der Ausstellung ist die Künstlerin ganz bei sich? Sie hat ja auch viele Auftragsarbeiten erledigt.

Ich finde ganz erstaunlich, dass sie in den vierziger Jahren noch während des Zweiten Weltkriegs eine intensive Schaffensphase hatte. Da war sie schon über 60 Jahre alt. Da hat sie, anscheinend unberührt von allen äußeren Umständen, wunderbare Aquarelle gemalt, mit großer Leichtigkeit und Freiheit locker über die Bildfläche verteilte Farben.

Und warum würden Sie einen Besuch der Ausstellung im Museum Altomünster empfehlen?

Maria Langer-Schöller ist eine bemerkenswerte Künstlerin aus dieser Zeit, von der wir wirklich einen Überblick über eine mehr als 60 Jahre währende Schaffensperiode zeigen können. Das verdanken wir dem glücklichen Umstand, dass es Nachfahren gibt, die ihren künstlerischen Nachlass über viele Jahre bewahrt und durch Sammeln sogar noch erweitert haben.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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