Landkreis-Empfang:Der falsche Rahmen

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Eine Baselitz-Ausstellung eignet sich nicht als schmückendes Beiwerk zur Feier der Partei. Passend wäre ein kunstpolitisches Statement gewesen, stattdessen gab es allgemeine Selbstzufriedenheit

Von Wolfgang Eitler

Die beste Nachricht auf dem Landkreisempfang am Mittwochabend im Schloss war der Hinweis von Landrat Stefan Löwl (CSU), dass er seinen Vorgänger Hansjörg Christmann als Berater sieht. Zwar schränkte er dessen Funktion sofort dahin gehend ein, dass sich der Altlandrat gedulden solle, bis er von ihm, seinem Nachfolger, angefragt wird. Aber Löwl sollte ihn so oft wie möglich bei Fragen kontaktieren, die sich um Kunst, Bildung und Kultur drehen.

Denn in der Christmann-Ära wäre es nicht möglich und auch nicht denkbar gewesen, dass die Ausstellung eines Künstlers, egal ob im Schloss oder in einer Galerie, für eine parteipolitische Veranstaltung hätte herhalten müssen, zu der Löwl den Landkreis-Empfang mutierte. Er und der bayerische Finanzminister Markus Söder gerierten sich als fürstliche Hausherren im Schloss, die es gemeinsam so richtig krachen ließen.

Dagegen hat der Altlandrat viel zu viel Gefühl für die Kultur, allgemein für deren besondere Bedeutung. Er weiß um die Autonomie der Kunst. Dieses Verständnis schützt vor einem Missbrauch, wie ihn Löwl am Mittwochabend beging. Da feierte er sich und die CSU. Als nettes Beiwerk gab es noch kleine Kunstbetrachtungen samt Führungen.

Schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen gelingt es Landrat Löwl, den Stellenwert von Kunst und Kultur zu missachten. Als eine Delegation des Landkreises nach Auschwitz fuhr, verzichtete er auf die Künstler, welche die Partnerschaft mit dem polnischen Landkreis erst ermöglicht hatten. Sie schufen in künstlerischen Begegnungen und auch Auseinandersetzungen die Grundlage für die Partnerschaft. Allmählich verdichten sich die Indizien, dass Landrat Löwl kulturelle Belange funktionalisiert, wie es ihm opportun erscheint. Dass er nicht einmal vor einem Baselitz Halt macht, ist ein Alarmsignal.

Nun kritisiert Landrat Löwl die Presse gerne dafür, dass sie angeblich "alles besser weiß". Aber bei den "Lösungen" hapert's. Deshalb ein Vorschlag. Der Landkreis-Empfang hätte sich hervorragend für einen Vortrag geeignet, in dem Ideen einer kommunalen Kulturpolitik mit durchaus überregionalem Anspruch skizziert werden. In dem Zusammenhang hätte auch dargelegt werden können, wie beispielsweise kulturelle Ausgaben nicht als Defizite, sondern Investitionen zu sehen sind. Ein solcher Vortrag hätte zu angeregten Diskussionen unter den Gästen führen können und vielleicht zu neuen Ideen. Und die Baselitz-Ausstellung wäre ein integraler Bestandteil eines solchen Abends geworden.

© SZ vom 15.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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