Kommentar:Zeit für kreative Lösungen

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Flächenverbrauch, Wohnungsnot, Verkehrskollaps: Wenn Wachstum weiter funktionieren sollen, müssen auch die Unternehmen umdenken

Von Gregor Schiegl

Genug ist genug, sagen die einen. Der Landkreis Dachau ist einer der reichsten der Republik, die Arbeitslosigkeit liegt unter drei Prozent, das ist quasi Vollbeschäftigung. Da kann man auch einfach mal den Deckel draufsetzen und aufhören, neue Straßen zu bauen, neue Häuser und noch mehr Gewerbebetriebe. Es gibt aber auch die anderen, die sagen, man müsse der Wirtschaft Raum geben, sich zu entwickeln und zu wachsen, das sei die Grundlage unseres Wohlstands. Wo es Hindernisse gebe, müssen sie beseitigt werden - und zwar dalli und um jeden Preis. Die öffentliche Hand wird's schon zahlen.

Das eine Extrem funktioniert genauso wenig wie das andere, das führen die Wachstumsschmerzen des MAN-Standorts in München/Dachau deutlich vor Augen. Hier verdienen Tausende von Menschen aus dem Landkreis ihr Geld, und dank der Milliardeninvestition des Konzerns darf man davon ausgehen, dass dies bis auf weiteres so bleiben wird. München - und Dachau als Standort des wichtigen Rechenzentrums - spielen eine wichtige Rolle in der Unternehmensstrategie. Das bedeutet natürlich auch Wachstum - mit allen Konsequenzen. Viele mittelständische Zulieferbetriebe aus dem Landkreis dürften profitieren. Und damit auch viele Mitarbeiter, die sich zugleich ärgern, dass alles immer teurer, dichter, hektischer wird.

Das ist ein Dilemma, das man in der Boomregion in und um München bis zu einem gewissen Grad aushalten muss. Wohlstand wird erarbeitet. Er wächst nicht mit den Bäumen aus der Wiese. Aber auch die Unternehmen begreifen inzwischen, dass ein Immer-weiter-so nicht funktioniert. Das Verkehrssystem ist überlastet. Ein Kollaps wäre eine Katastrophe. Aber nur nach mehr Straßen zu schreien, bringt nichts. Die Unternehmen müssen umdenken und ihre Prozesse auch im Hinblick aufs Verkehrsaufkommen optimieren. Muss wirklich jeder Mitarbeiter einzeln mit dem Auto kommen? Kann man nicht Anreize für Alternativen schaffen, für Fahrgemeinschaften? Für Bus, Bahn und Rad? Muss wirklich jeder Mitarbeiter im Zeitalter digitaler Vernetzung durch den halben Landkreis fahren, wenn er ebenso gut vom Rechner zu Hause arbeiten könnte? Es ist Zeit für kreative Lösungen.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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